
Das EU-Gericht hat Sanktionen gegen zwei bekannte russische Oligarchen für nichtig erklärt
Die Entscheidung bedeutet allerdings nicht, dass Fridman und Awen sofort von der EU-Sanktionsliste gestrichen werden müssen. Zum einen kann gegen das Urteil noch vor dem höchsten europäischen Gericht, dem Europäischen Gerichtshof (EuGH), vorgegangen werden. Zum anderen hat der Rat der EU bereits neue Sanktionsbeschlüsse gegen die beiden Männer erlassen, die zunächst nicht von dem Urteil betroffen sind.
Aven und Fridman sind wichtige Anteilseigner des Konzerns Alfa Group, zu dem die russische Alfa Bank gehört. (Az. T-301/22 und und T-304/22) Fridman hat neben der russischen auch die israelische Staatsangehörigkeit, Aven die lettische. Beide wurden im Februar 2022 nach Beginn des Ukraine-Kriegs auf die Sanktionsliste gesetzt, ihre Gelder wurden eingefroren.
Die EU hatte die Sanktionen damit begründet, dass Fridman und Awen russische Entscheidungsträger finanziell unterstützt und damit die territoriale Unversehrtheit der Ukraine untergraben hätten. Die Richter entschieden nun aber, dass diese Vorwürfe nicht hinreichend belegt seien und die Aufnahme in die Liste daher ungerechtfertigt sei. Auch wenn sich möglicherweise eine gewisse Nähe der beiden Personen zum russischen Präsidenten Wladimir Putin bejahen lasse, beweise dies nicht, dass damit Maßnahmen unterstützt würden, die die Ukraine bedrohten.
Dagegen zogen Aven und Fridman vor Gericht und bekamen nun Recht. Ihre Aufnahme in die Liste sei nicht gerechtfertigt gewesen, erklärte das EU-Gericht nun. Zwar gebe es möglicherweise eine gewisse Nähe zu Putin oder seinem Umfeld. Die angeführten Gründe für die Sanktionen seien aber nicht ausreichend belegt. Als die Namen bei späteren Entscheidungen auf der Liste belassen wurden, seien auch keine neuen Beweise gebracht worden.
Bei der Entscheidung ging es allerdings nur um den Zeitraum zwischen Ende Februar 2022 und Mitte März 2023. Auch danach wurden die Namen von sowohl Aven als auch Fridman auf der Sanktionsliste gelassen. Dagegen gingen sie ebenfalls gerichtlich vor, worüber aber noch nicht entschieden wurde. Gegen das Urteil vom Mittwoch kann noch vor der nächsthöheren Instanz, dem Europäischen Gerichtshof, vorgegangen werden.
Ein prominentes Urteil war bereits im vergangenen Jahr gefallen - und stellte eine deutliche Niederlage für die EU dar. Die Mutter des inzwischen verstorbenen Chefs der russischen Privatarmee Wagner, Violetta Prigoschina, hätte nicht sanktioniert werden dürfen, entschieden die Richter damals und argumentierten ähnlich wie bei Masepin: Ein Verwandtschaftsverhältnis reiche nicht aus, um Strafmaßnahmen gegen sie zu verhängen. Viele andere Sanktionierte sind unterdessen mit ihren Klagen vorläufig gescheitert, darunter der ehemalige Besitzer des FC Chelsea, Roman Abramowitsch.
Wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine erließ die EU bislang gegen fast 2000 Personen und Organisationen Sanktionen. Derzeit sind mehrere Dutzend Klagen gegen die Strafmaßnahmen vor Gerichten anhängig.