
Wie der Reiseboom Griechenlands Wirtschaft wachsen lässt
Beitragen zum Wachstum sollen vor allem die Investitionen mit einem Plus von 15,1 Prozent gegenüber 2023. Ein Großteil davon geht auf das Konto der Fördermittel aus dem EU‑Aufbauplan Next Generation EU. Griechenland erwartet bis 2027 rund 55 Milliarden Euro aus dem Fonds.
Ein weiterer starker Wachstumsmotor ist der Tourismus. Diese Woche veröffentlichte die griechische Zentralbank die Tourismuszahlen für die ersten drei Quartale 2023. Danach kamen zwischen Anfang Januar und Ende September 27,8 Millionen ausländische Urlauberinnen und Urlauber nach Griechenland. Das waren fast eine Million mehr Besucher als im Vergleichszeitraum des bisherigen Rekordjahres 2019. Auch bei den Einnahmen aus dem Fremdenverkehr hat das Land in den ersten neun Monaten die Folgen der Covid-Tourismusflaute in den Jahren 2020 und 2021 überwunden: Mit 17,9 Milliarden Euro lagen die Einnahmen 1,8 Milliarden über dem bisherigen Bestwert von 2019. Die meisten ausländischen Besucher kamen mit 3,88 Millionen Gästen aus Großbritannien. Zweitgrößte Nation waren die Deutschen mit 3,85 Millionen.
Der Tourismus trägt rund ein Fünftel zum griechischen BIP bei und ist ein wichtiger Faktor für die griechische Zahlungsbilanz. Auch für die Beschäftigung spielt der Fremdenverkehr eine große Rolle: Etwa jeder fünfte Job entfällt auf den Tourismus. Der Reiseboom trägt dazu bei, die Arbeitslosenquote zu senken. Sie ist aktuell mit 10 Prozent immer noch die zweithöchste in der EU nach Spanien, liegt aber auf dem niedrigsten Stand seit 14 Jahren. Zum Vergleich: Auf dem Höhepunkt der Krise Mitte 2013 erreichte die Arbeitslosigkeit in Griechenland 28,1 Prozent.
Dass Griechenland die Finanzkrise der 2010er-Jahre hinter sich lässt, spiegelt sich auch in den Fiskaldaten wider: 2009 erreichte das Haushaltsdefizit schwindelerregende 15 Prozent des BIP. Im vergangenen Jahr lag der Fehlbetrag bei 2,3 Prozent, 2024 soll das Saldo laut Haushaltsentwurf −0,9 Prozent betragen. Das wäre weitaus besser als der prognostizierte EU‑Durchschnitt von −2,8 Prozent. Dank der Haushaltskonsolidierung kann Griechenland seinen Schuldenberg allmählich abtragen. Die Staatsschuldenquote, mit 160 Prozent vom BIP zum Ende dieses Jahres immer noch die höchste in der EU, soll bis 2030 auf 134 Prozent fallen, so die jüngste Prognose der Ratingagentur Moody‘s.
Bereits zwischen 2020 und 2023 hat Griechenland seine Schuldenquote um 46 Prozentpunkte gesenkt – laut Moody‘s ein "Weltrekord". Die Erfolge beim Schuldenabbau und die Haushaltsdisziplin schlagen sich inzwischen auch in einer besseren Bewertung der Kreditwürdigkeit des Landes nieder. In den vergangenen Wochen stuften mehrere internationale Ratingagenturen, darunter Standard & Poor‘s, DBRS und Scope Ratings, Griechenland in die Kategorie der investitionswürdigen Schuldner herauf. Das Land hatte das Gütesiegel "Investmentgrade" im Frühjahr 2010 zu Beginn der Schuldenkrise verloren. Die Rückkehr in den Kreis der investitionswürdigen Schuldner belebt die Nachfrage nach griechischen Staatsanleihen. Das führt zu steigenden Kursen. Spiegelbildlich fallen die Renditen der Papiere, was die Refinanzierung der Staatsschulden verbilligt und den weiteren Schuldenabbau erleichtert.