
Berufungsantrag von Assange teilweise stattgegeben: Londoner High Court verhindert vorerst Auslieferung an die USA
Die Anhörung vor dem High Court dauerte knapp zwei Stunden, in denen Assanges Anwälte die Richter davon überzeugten, dass ihr Mandant seine Argumente in einem vollständigen Berufungsverfahren vorbringen sollte. Im Zentrum der Diskussion stand die Frage, ob Assange als ausländischer Staatsbürger in den USA das Recht auf Meinungsfreiheit beanspruchen kann.
Die USA werfen Assange Spionagevorwürfe vor, die mit einer potenziellen Haftstrafe von bis zu 175 Jahren verbunden sind. Diese Vorwürfe beziehen sich auf die Veröffentlichung geheimer Materialien, die Assange und die Whistleblowerin Chelsea Manning über US-Militäreinsätze im Irak und in Afghanistan veröffentlicht haben. Assange's Unterstützer argumentieren jedoch, dass die Veröffentlichungen auf die Enthüllung mutmaßlicher Kriegsverbrechen abzielten und nicht auf Spionage.
Die Entscheidung des High Courts kommt zu einem Zeitpunkt, an dem Assanges Frau Stella und seine Anhängerinnen und Anhänger besorgt sind, dass eine Ablehnung des Berufungsantrags zu einer schnellen Auslieferung an die USA führen könnte. Stella Assange hat wiederholt betont, dass ihr Mann aufgrund der erwarteten harten Haftbedingungen in den USA und seiner labilen psychischen Verfassung in Lebensgefahr sein könnte.
In den letzten Jahren hat der Fall Assange weltweit Aufmerksamkeit erregt und zahlreiche Debatten über Pressefreiheit, Whistleblower-Schutz und die Macht der Regierungen ausgelöst. Seine Anhänger argumentieren, dass eine Auslieferung an die USA eine Bedrohung für die Pressefreiheit darstellen würde und einen gefährlichen Präzedenzfall schaffen könnte.
Die Hoffnung auf eine politische Lösung bleibt bestehen, insbesondere nachdem sich die australische Regierung für die Freilassung ihres Staatsbürgers eingesetzt hat. Auch US-Präsident Joe Bidens Äußerungen, dass die USA die Möglichkeit einer Einstellung der Strafverfolgung von Assange prüfen, haben eine gewisse Hoffnung geweckt.
Assange verbrachte fast fünf Jahre im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in London, nachdem er sich im April 2019 der Festnahme entzogen hatte, indem er sich in der ecuadorianischen Botschaft in London versteckte. Vor seiner Festnahme hatten schwedische Behörden Assange wegen Vergewaltigungsvorwürfen ins Visier genommen, diese wurden jedoch später fallengelassen. Assange befindet sich derzeit ohne eine Verurteilung im Gefängnis, während zahlreiche Menschenrechtsorganisationen, Journalistenverbände, Künstler und Politiker seine sofortige Freilassung fordern.