
Dies ist ein Moment für Amerika – Das erste Mal das ein Präsident wegen eines Verbrechens angeklagt wird
Gegen den Republikaner laufen noch mehrere andere Ermittlungen. Zwei stechen heraus: Das US-Justizministerium hat einen Sonderermittler eingesetzt, um Trumps Umgang mit geheimen Regierungsunterlagen zu untersuchen. Trump bewahrte nach seinem Auszug aus dem Weißen Haus im großen Stil Regierungsdokumente in seinem privaten Anwesen Mar-a-Lago in Florida auf, darunter etliche Dokumente mit höchster Geheimhaltungsstufe. Trump könnte sich damit strafbar gemacht haben. Manche Rechtsexperten meinen, mit einer etwaigen Anklage dazu könnte sich Trump womöglich für das Präsidentenamt disqualifizieren.
Die Vorwürfe begleiten Trump schon lange. Daniels, die mit bürgerlichem Namen Stephanie Clifford heißt, hatte 2006 nach eigener Aussage Sex mit Trump, was er vehement bestreitet. Nach Angaben der heute 44-Jährigen lernten sich die beiden im Sommer 2006 bei einem Golfturnier-Wochenende am Lake Tahoe kennen und schliefen dort miteinander - nur wenige Monate, nachdem Trumps Ehefrau Melania den gemeinsamen Sohn Barron auf die Welt gebracht hatte. Daniels behauptet, die beiden hätten auch danach über Monate Kontakt gehabt. Trump weist all das als "falsche und erpresserische Anschuldigungen" zurück.
Die Anklage von Manhattans höchstem Staatsanwalt Alvin Bragg dreht sich wohl um Schweigegeldzahlungen an Daniels und womöglich auch an das Model Karen McDougal in Höhe von 130.000 und 150.000 Dollar. Dieses Geld hatte Trumps Anwalt Michael Cohen kurz vor der US-Präsidentenwahl 2016 überwiesen und dann von der Trump Organization zurückerstattet bekommen. Trump ging damals aus der Wahl als Sieger hervor und zog ins Weiße Haus ein. Die Staatsanwaltschaft in New York beschuldigte Cohen 2018, die Zahlungen seien unzulässige Wahlkampfspenden gewesen, weil sie dafür gedacht waren, kurz vor der Wahl Schaden von Trump abzuwenden. Trumps Anwalt bekannte sich damals schuldig und musste ins Gefängnis.
Eine sogenannte Grand Jury in New York hatte zuvor im Zusammenhang mit Schweigegeldzahlungen an eine Pornodarstellerin für eine Anklage gegen Trump gestimmt. Das bestätigte der Manhattaner Bezirksstaatsanwalt Alvin Bragg. Die genauen Anklagepunkte und Details sind aber noch unklar. Noch nie zuvor in der US-Geschichte wurde ein Ex-Präsident wegen einer Straftat angeklagt.
Nachdem das Geschworenengremium der Grand Jury nach zahlreichen vorgelegten Beweisen zu dem Schluss gekommen ist, dass es ausreichende Hinweise für eine Straftat gibt, sollte der Manhattaner Staatsanwalt die Anklage nun offiziell erheben - damit wird US-Medien zufolge kommende Woche gerechnet. Dann wird auch die Öffentlichkeit erstmals offiziell Details der rechtlichen Vorwürfe erfahren.
Dafür müsste Trump nach New York reisen, würde kurzzeitig in Gewahrsam genommen, damit Fingerabdrücke und Polizeifotos von ihm gemacht werden können. Oft werden Angeklagten dann auch Handschellen angelegt - ob dies im Falle Trumps passiert, ist unklar. Es gilt als sicher, dass Trump dann wieder nach Hause kann.
Trump sieht in der Anklageerhebung einen "Angriff auf unser Land". Es sei auch ein Angriff auf die "einst" freien Wahlen, die USA seien jetzt ein "Dritte-Welt-Land" und eine Nation im Niedergang, schrieb der Republikaner auf dem von ihm mitbegründeten Netzwerk und Twitter-Ersatz Truth Social. In seinem Post waren etliche Wörter in Großbuchstaben, das Wort "angeklagt" war falsch geschrieben.
Ein Prozess und eine potenzielle Verurteilung, bei der dem Republikaner womöglich mehrere Jahre Haft drohen, könnten Trumps Pläne für eine erneute Präsidentschaftskandidatur allenfalls in politischer Sicht beeinträchtigen. Rein rechtlich dagegen dürfte Trump theoretisch auch als verurteilter Straftäter bei der Wahl 2024 antreten, wie Rechtsexperten betonen. Trump hatte seine Präsidentschaftsbewerbung vor mehreren Monaten öffentlich verkündet.
Auch der frühere US-Vizepräsident Mike Pence kritisierte die Anklage scharf. "Ich finde, das ist ein Skandal", sagte Pence dem Fernsehsender CNN. "Dies wird nur dazu dienen, dieses Land weiter zu spalten." Dass ein ehemaliger Präsident der USA auf beispiellose Weise in einer Wahlkampffinanzierungsangelegenheit angeklagt werde, sei skandalös, beklagte Pence, der von 2017 bis 2021 Trumps Stellvertreter war. Millionen Amerikaner hätten den Eindruck, dass es sich um nichts anderes als eine politische Anklage handele.
Auf Twitter reagierten weitere Republikaner empört und stellten die Anklage als Angriff auf die Demokratie dar. "Dieser Betrug der New Yorker Anklage gegen Präsident Donald Trump ist eines der deutlichsten Beispiele dafür, wie extremistische Demokraten die Regierungsverantwortung als Waffe einsetzen, um ihre politischen Gegner anzugreifen", schrieb beispielsweise der Fraktionsführer der Republikaner im Repräsentantenhaus, Steve Scalise.
Der 76-Jährige reagierte empört auf die Anklage. "Das ist politische Verfolgung und Wahlbeeinflussung auf dem höchsten Niveau der Geschichte", hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme des Republikaners. Trump warf den Demokraten vor, sie hätten seit seiner ersten Präsidentschaftsbewerbung für die Wahl 2016 versucht, ihm politisch zu schaden und ihn mit diversen Untersuchungen auch während seiner Amtszeit schikaniert.
Der Gouverneur des US-Bundesstaats Florida, Ron DeSantis, will derweil ein mögliches Auslieferungsersuchen nicht unterstützen. "Wenn das Rechtssystem als Waffe eingesetzt wird, um eine politische Agenda voranzutreiben, wird die Rechtsstaatlichkeit auf den Kopf gestellt", schrieb der prominente US-Republikaner ebenfalls auf Twitter. DeSantis ist ein parteiinterner Konkurrent Trumps. Es wird erwartet, dass DeSantis als Präsidentschaftsbewerber für die Wahl im November 2024 antreten wird.
Der republikanische Sprecher des US-Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, griff unterdessen Staatsanwalt Bragg an. "Während er routinemäßig gewalttätige Kriminelle freilässt, um die Öffentlichkeit zu terrorisieren, hat er unser heiliges Rechtssystem gegen Präsident Donald Trump instrumentalisiert", schrieb er bei Twitter. McCarthy gilt als Trump-Verbündeter.
agnturen/bnm