
GDL-Streik hat begonnen: Massive Einschränkungen im Nah- und Fernverkehr
Der Notfahrplan sei wie geplant angelaufen, hieß es von der Bahn. Im Fernverkehr fallen gut 80 Prozent des üblichen Angebots aus. Auch im Regionalverkehr komme es zu weitreichenden Einschränkungen, die regional allerdings unterschiedlich stark ausfielen. Zuvor war der Konzern mit einem letzten Versuch vor dem Landesarbeitsgericht Hessen gescheitert, den Arbeitskampf juristisch zu kippen.
Der Streik fällt zeitlich mit den bundesweiten Bauernprotesten zusammen, die am Mittwoch erneut zu Verkehrsbehinderungen führen könnten. Angekündigt sind etwa Sternfahrten, Kundgebungen und Blockaden an Autobahnauffahrten – für Pendlerinnen und Pendler droht damit mancherorts ein anstrengender Tag.
Der Streik sorgte am frühen Mittwochmorgen bereits für zahlreiche Ausfälle. In Nordrhein-Westfalen sollen während der Streiks auf rund 25 Linien keine Züge fahren. Teilweise setzt die Bahn Ersatzbusse ein – etwa zwischen Köln und Siegen, zwischen Dortmund und Hagen oder zwischen Krefeld und Kleve. Auf rund 15 Linien sollen einige Züge rollen – meist peilt die Bahn dort einen Stundentakt an. In Bayern fahren die Züge vielerorts ebenfalls im Stundentakt – oder auch im Zwei- bis Dreistundentakt. Fahrgäste, die ihre Reise nicht verschieben können, wurden gebeten, sich kurzzeitig zu informieren.
Auch in Berlin kam es zu starken Beeinträchtigen im S- und Regionalverkehr. Im gesamten S-Bahnnetz komme es bis einschließlich Freitagabend, 18 Uhr, zu Ausfällen, teilte die S-Bahn mit. Ein Notfahrplan für die Linien S3 (Erkner-Ostbahnhof), S46 (Königs Wusterhausen-Schöneberg), S5 (Strausberg Nord-Ostbahnhof) und S9 (Flughafen BER-Friedrichstraße) soll die Außenbezirke und Umlandgemeinden im 20-Minutentakt anbinden. Der Schienenersatzverkehr auf den wegen Bauarbeiten eingeschränkten Linien S1, S2, S25 und S26 laufe ohne Einschränkungen. Auch im Regionalverkehr zwischen Berlin und Brandenburg müssen sich Fahrgäste auf weitreichende Einschränkungen und Ausfälle einstellen.
Der Ausstand bei der Bahn ist der dritte und bisher längste im aktuellen Tarifstreit der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer und der Deutschen Bahn. Auch das Eisenbahnunternehmen Transdev wird bestreikt. Mit Einschränkungen ist auch in den Stunden nach dem offiziellen Streikende noch zu rechnen. Ob der eigene Zug fährt oder nicht, können Fahrgäste über die üblichen Auskunftskanäle der Bahn erfahren. Der Notfahrplan ist dort bereits eingepflegt.
Fahrgäste sind dazu aufgerufen, ihre geplanten Fahrten zwischen Mittwoch und Freitag zu verschieben. Die Zugbindung für sämtliche Tickets während des Streikzeitraums vom 10. bis 12. Januar ist laut Bahn aufgehoben. Kundinnen und Kunden können also auch in den Tagen danach noch ihre Fahrt noch antreten.
Seit Anfang November ringt die GDL mit der Bahn und anderen Eisenbahnunternehmen um höhere Tarife. Kern des aktuellen Tarifkonflikts ist aber die Forderung der Gewerkschaft nach einer Reduzierung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden. Die Bahn hält diese Forderung für unerfüllbar. Sie ist lediglich bereit, mit der Gewerkschaft über die Ausweitung bereits bestehender Arbeitszeit-Wahlmodelle zu reden.
Gewerkschaftschef Claus Weselsky lehnt das ab und verweist auf schon vereinbarte Abschlüsse mit den kleineren Eisenbahnunternehmen Netinera und Go Ahead. Dort hatte die GDL in den vergangenen Wochen die geforderte Arbeitszeitreduzierung durchgesetzt. Nach diesem Muster sollen nun auch die noch ausstehenden Abschlüsse gestaltet werden.
Im aktuellen Tarifstreit hat die GDL bereits zweimal zu Warnstreiks aufgerufen, die im Personenverkehr aber maximal 24 Stunden dauerten. Im Dezember hat die Gewerkschaft ihre Mitglieder per Urabstimmung über unbefristete Streiks abstimmen lassen. Rund 97 Prozent der Teilnehmer sprachen sich dafür aus. Seither sind längere Streiks möglich.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing rief die Bahn und die GDL zu einer Rückkehr an den Verhandlungstisch auf. "Es muss ein Weg gefunden werden, mit dem beide Seiten zurechtkommen. Dazu muss miteinander gesprochen werden. Ich fordere beide Seiten dringend auf, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren", sagte der FDP-Politiker der "Bild"-Zeitung.
In Richtung Gewerkschaft mahnte Wissing, in einer Demokratie müsse man "miteinander reden, Argumente austauschen und verhandeln, anstatt Menschen durch Stillstand zu blockieren." Die Tarifautonomie entbinde niemanden von dieser gesellschaftlichen Verantwortung. GDL-Chef Weselsky betonte dagegen, dass es an der Bahn sei, ein verbessertes Angebot vorzulegen. "Die Frage der Verkürzung des Streiks steht nicht zur Debatte", machte der 64-Jährige deutlich.