Sitzung des Internationalen Gerichtshofs - Völkermord-Verfahren in Gaza nicht abgeschlossen
Erstens, ob Südafrika den grundlegenden Test bestanden hat, um zu zeigen, dass seine Klage gegen Israel im Rahmen der Völkermordkonvention der Vereinten Nationen von 1948 behandelt werden kann. Die Konvention – die Israel und Südafrika unterzeichnet haben – definiert, was Völkermord darstellt. In diesem vorläufigen Stadium des Falles liegt die Messlatte relativ niedrig.
Zweitens, ob die plausible Gefahr eines irreparablen Schadens für das palästinensische Volk in Gaza besteht, wenn die israelische Militäraktion fortgesetzt wird. Außerdem sind die Richter nicht auf die spezifischen Wünsche Südafrikas beschränkt. Das Gremium könnte Israel einfach anweisen, sicherzustellen, dass seine Handlungen im Einklang mit dem Völkerrecht stehen und dass es nichts unternimmt, um die Lieferung von Nahrungsmitteln, Wasser oder Medikamenten zu behindern.
Die Sitzung des Internationalen Gerichtshofs (IGH) am Freitag ist Teil eines von Südafrika angestrengten Verfahrens, in dem Israel einen Völkermord vorwirft. Israel hat den Vorwurf vehement zurückgewiesen. Ein Urteil gegen Israel ist gerichtlich nicht durchsetzbar, hätte aber politische Bedeutung.
Der Internationale Gerichtshof hat eine Gefahr von Völkermord im Gazastreifen festgestellt, verpflichtet Israel aber nicht zum Ende des Militäreinsatzes. Das höchste Gericht der Vereinten Nationen beauftragte Israel aber, mehr Schutzmaßnahmen für Palästinenser zu ergreifen, um Völkermord zu verhindern.
Es ist ein deutliches Signal der Richter. Sie sehen die Gefahr, dass die Völkermord-Konvention verletzt werden könnte. Israel hatte die Vorwürfe Südafrikas als haltlos zurückgewiesen und sich auf das Recht zur Selbstverteidigung nach dem verheerenden Massaker der Hamas und anderer Terrorgruppen vom 7. Oktober berufen.
Die Richter entsprachen damit nur teilweise einem Eilantrag Südafrikas, das eine sofortige Einstellung der militärischen Handlungen gefordert hatte. Israel muss aber nun Schutzmaßnahmen ergreifen und mehr humanitäre Hilfe zulassen. Israel muss außerdem alles dafür tun, Aufrufe zum Völkermord zu verhindern und zu bestrafen, wie die Richter befanden.
Es ist eine erste Entscheidung in dem Völkermord-Verfahren. Südafrika hatte Ende Dezember Klage gegen Israel eingereicht. Das Gericht entschied damit noch nicht endgültig über den Hauptvorwurf des Völkermordes. So ein Verfahren kann sich über Jahre hinziehen.
Entscheidungen des UN-Gerichts sind bindend. Die Richter haben aber kein Machtmittel, um diese auch durchzusetzen. Unklar ist, ob Israel sich an diese Anordnung halten wird. Wann das Verfahren zum Hauptvorwurf des Völkermordes beginnen wird, ist nicht bekannt.
Der Außenminister der palästinensischen Autonomiebehörde, Riad Malki, begrüßt den Entscheid des UN-Weltgerichts. "Die Richter des Internationalen Gerichtshofs sind von den Fakten und Gesetzen ausgegangen. Sie urteilten zugunsten der Humanität und des internationalen Rechts", hieß es in der Stellungnahme, die veröffentlicht wurde. Alle Staaten, so auch Israel, seien nun aufgefordert, den Entscheid umzusetzen.
Südafrika hat die Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs, das eine Gefahr von Völkermord im Gazastreifen bestehe, als "einen entscheidenden Sieg für die internationale Rechtsstaatlichkeit" begrüßt. Der Beschluss des höchsten Gerichts der Vereinten Nationen sei "ein bedeutender Meilenstein bei der Suche nach Gerechtigkeit für das palästinensische Volk", teilte das Außenministerium mit.
Die Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs sei "wegweisend", fand Südafrikas Außenministerium. Drittstaaten, die Israel bislang unterstützten, sollten umgehend sicherstellen, dass sie nicht selbst gegen die Völkermordkonvention verstießen, indem sie die Finanzierung und Erleichterung israelischer Militäraktionen einstellten, hieß es.
mit Marerial der dpa