
Von der Leyen auf dünnem Eis: Die brisanten Verhandlungen um ihre Zukunft
Nach den Wahlen zum Europäischen Parlament kommen die 27 Staats- und Regierungschefs der EU zusammen, um über die Besetzung der höchsten Ämter zu entscheiden. Diese Positionen umfassen den Präsidenten der Europäischen Kommission, den Präsidenten des Europäischen Rates und den Hohen Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik. Die Verhandlungen müssen dabei das politische, geografische und geschlechtliche Gleichgewicht berücksichtigen und die Wahlergebnisse widerspiegeln.
Ursula von der Leyen, die Kandidatin der mitte-rechtsgerichteten Europäischen Volkspartei (EVP), hat mit 190 Sitzen einen komfortablen Sieg eingefahren und befindet sich in einer starken Ausgangsposition. Doch ihre Wiederernennung ist nicht garantiert. Am Montag wird sie sich aus dem Saal zurückziehen, wenn die Staats- und Regierungschefs zu einer informellen Diskussion über die EU-Spitzenjobs zusammenkommen.
Ein besonders heikler Punkt in den Verhandlungen ist das angespannte Verhältnis zwischen von der Leyen und dem Präsidenten des Europäischen Rates, Charles Michel. Ihre Beziehung hat sich seit dem sogenannten Sofagate, einem Protokoll-Fiasko im Jahr 2021, erheblich verschlechtert. Michel wird beschuldigt, versucht zu haben, von der Leyens Wiederwahl zu sabotieren, was sein Sprecher jedoch dementierte.
Von der Leyen wird am Montag lediglich am Meinungsaustausch mit der Präsidentin des Europäischen Parlaments, Roberta Metsola, teilnehmen, und an einer Diskussion über die strategische Agenda des Blocks für die nächsten fünf Jahre. Anschließend wird sie den Raum verlassen, um den Staats- und Regierungschefs die Gelegenheit zu geben, ohne ihre Anwesenheit über die Spitzenjobs zu verhandeln.
Die Verhandlungen werden von verschiedenen politischen Schwergewichten geführt. Für die EVP treten Donald Tusk und Kyriakos Mitsotakis an, während Olaf Scholz und Pedro Sánchez die Sozialisten vertreten. Die Liberalen, die bei den Wahlen Verluste hinnehmen mussten, haben die Estin Kaja Kallas und den Belgier Alexander De Croo als mögliche Kandidaten für den Hohen Repräsentanten nominiert.
Die Wahl eines Namens für den Außenbeauftragten könnte sich als besonders schwierig erweisen, da sowohl Kallas als auch De Croo als glaubwürdige Kandidaten gelten. Diese Verhandlungen könnten während des Abendessens der Staats- und Regierungschefs hitzig werden.
Sollte von der Leyen die Unterstützung der Staats- und Regierungschefs sichern, steht als nächstes die Anhörung im Europaparlament an. Hier benötigt sie 361 Stimmen, um bestätigt zu werden. Diese Phase der Verhandlungen wird intensive Gespräche mit den proeuropäischen Parteien erfordern, darunter die Sozialisten, Liberalen und möglicherweise die Grünen.
Von der Leyen genießt derzeit großen Rückhalt unter den Mitgliedern des Europäischen Rates, und ihre Wiederwahl scheint wahrscheinlich. Sollte sie jedoch auf unerwartete Hindernisse stoßen, könnten die Verhandlungen am 27. Juni, wenn die EU-Staats- und Regierungschefs das nächste Mal offiziell zusammenkommen, entscheidend sein.
Die kommenden Wochen versprechen spannende und brisante Verhandlungen in Brüssel. Ursula von der Leyen steht auf dünnem Eis, während die politischen Intrigen und Machtspiele um die EU-Spitzenjobs weitergehen. Ihre Zukunft als Präsidentin der Europäischen Kommission hängt von den Entscheidungen der Staats- und Regierungschefs sowie der Abstimmung im Europaparlament ab. Die europäischen Bürger dürfen gespannt sein, wer letztendlich die Machtpositionen in der Europäischen Union besetzen wird und welche politischen Weichen für die nächsten fünf Jahre gestellt werden.