
Le Pens Vorschlag: Meloni und die Bildung einer "Supergruppe" im Europaparlament
Le Pen schlägt vor, dass sich die ID-Gruppe (Identität und Demokratie), der RN angehört, und die ECR-Gruppe (Europäische Konservative und Reformer), zu der Melonis Partei "Brüder Italiens" gehört, zusammenschließen. "Jetzt ist es an der Zeit, sich zu vereinen. Das wäre wirklich hilfreich", sagte Le Pen der Zeitung Corriere della Sera. Sie betonte, dass eine solche Allianz die zweitgrößte Fraktion im Europaparlament stellen könnte und eine Gelegenheit darstelle, die nicht ungenutzt bleiben sollte.
Die Einladung erfolgt in einem Kontext zunehmender Spannungen und Spaltungen innerhalb der rechts-extremen Parteien Europas. Le Pen und ihre ID-Gruppe haben kürzlich entschieden, die Zusammenarbeit mit der deutschen AfD zu beenden, da diese als zu toxisch angesehen wird. Diese Entscheidung hat die nationalkonservativen und rechts-extremen Kräfte Europas weiter fragmentiert, obwohl sie in Fragen wie Einwanderung und der Ablehnung ökologischer Vorschriften übereinstimmen. In anderen Bereichen, wie der Unterstützung für die Ukraine, gibt es jedoch starke Differenzen.
Die ID-Gruppe umfasst Parteien wie die niederländische Freiheitspartei (PVV) von Geert Wilders und die österreichische Freiheitliche Partei (FPÖ). Die ECR-Gruppe, die Meloni angehört, umfasst die polnische Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) und die spanische Vox. Ein Zusammenschluss dieser beiden Gruppen würde eine bedeutende politische Kraft darstellen, aber auch die Herausforderungen und internen Konflikte vergrößern.
Umfragen deuten darauf hin, dass rechts-extreme Parteien bei den Wahlen vom 6. bis 9. Juni einen Rekord von 165 Abgeordneten im 720 Sitze umfassenden Europaparlament erreichen könnten. Diese Parteien sind jedoch derzeit in zwei uneinige Parlamentsfraktionen und zwei parteilose nationale Delegationen aufgeteilt, was ihre kollektive Schlagkraft mindert. Die Bildung einer "Supergruppe" würde eine grundlegende Umstrukturierung der Kräfteverhältnisse im Europaparlament bedeuten.
Giorgia Meloni steht vor einer strategischen Entscheidung. Einerseits könnte sie Le Pens Einladung annehmen und Teil der vorgeschlagenen rechts-extremen "Supergruppe" werden. Andererseits könnte sie sich auf eine gemäßigtere Mitte-rechts-Mehrheit konzentrieren, die die Linke in die Opposition drängt. Meloni hat sich bisher als konstruktive Kraft innerhalb der EU erwiesen und die Unterstützung der scheidenden Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gewonnen, die eine Wiederernennung anstrebt.
Eine Allianz mit Le Pen und anderen moskaufreundlichen Parteien könnte Melonis Einfluss auf EU-Ebene gefährden und wird von vielen ECR-Mitgliedern abgelehnt. Gleichzeitig hat von der Leyen klargestellt, dass sie bereit ist, nach den Wahlen mit Meloni und der ECR-Fraktion zusammenzuarbeiten, aber nur unter der Voraussetzung, dass keine Unterstützung von extrem rechten Parteien notwendig ist.
Die Bildung einer rechts-extremen "Supergruppe" wird von Analysten als unwahrscheinlich angesehen, da die Differenzen zwischen den beteiligten Parteien zu groß sind. Dennoch könnte der Vorschlag Le Pens erhebliche Auswirkungen auf die Arbeitsweise des Europaparlaments und die Funktionsweise der EU haben. Die Entscheidung, die Meloni treffen wird, könnte die politische Landschaft der EU in den kommenden Jahren entscheidend prägen. Die kommenden Europawahlen werden daher nicht nur ein Test für die Stärke der nationalistischen und rechts-extremen Parteien sein, sondern auch für die Stabilität und Zukunft der Europäischen Union.