
Selenskyj hat den Haftbefehl gegen Putin als eine "historische Entscheidung" gelobt
Moskau bestreitet Kriegsverbrechen und betont, die Kinder seien vor dem Krieg in Sicherheit gebracht worden - der in Russland nur "militärische Spezialoperation" genannt werden darf. Dagegen wirft die Ukraine dem russischen Aggressor eine zwangsweise "Russifizierung" der Kinder vor. "Es wäre unmöglich, solch eine kriminelle Operation ohne den Befehl des obersten Anführers des Terrorstaates umzusetzen", sagte Selenskyj. Er beklagt seit langem, dass Kinder durch Umerziehung und Indoktrinierung ihrer ukrainischen Identität beraubt würden.
"Die Trennung der Kinder von ihren Familien, ihnen jede Möglichkeit des Kontakts mit ihren Angehörigen zu nehmen, sie auf russischem Gebiet zu verstecken, in entfernten Regionen zu verteilen - all das ist offensichtlich russische Staatspolitik, es sind staatliche Entscheidungen, es ist das staatliche Böse", so Selenskyj. Verantwortlich sei der erste Mann im Staat, meinte er, ohne Putin beim Namen zu nennen.
Neben Russland erkennen auch die USA und China den Gerichtshof nicht an. Als Grund dafür führen Juristen oft an, dass diese Staaten ihre politischen Verantwortlichen und Soldaten vor dem Zugriff der Justiz schützen wollen. Insgesamt haben mehr als 120 Staaten das Römische Statut ratifiziert. Russische Truppen waren vor gut 13 Monaten auf Putins Befehl in die Ukraine einmarschiert. Im Frühjahr 2014 hatte Moskau bereits die Schwarzmeer-Halbinsel Krim annektiert und danach Separatisten in der Ostukraine unterstützt.
Russische Beamte haben bereits damit begonnen, den Haftbefehl ähnlich wie Sanktionen gegen Russland verwendet werden, als Argument darzustellen, dass das Land von westlichen Mächten belagert wird. Sie streben wieder einmal nach einem Effekt, diesmal um den russischen Präsidenten, indem sie eine Belagerungsmentalität fördern. "Washington und Brüssel haben alle möglichen Sanktionen und unfreundlichen Aktionen ausgeschöpft", sagte Wjatscheslaw Wolodin, der Vorsitzende der russischen Staatsduma und ein prominenter Falke. "Sie haben es nicht geschafft, die Bürger der Russischen Föderation zu brechen oder die Wirtschaft unseres Landes zu zerstören."
Seit Beginn des Krieges haben russische Propagandisten versucht zu behaupten, dass das Überleben des Landes von seiner umfassenden Invasion in der Ukraine abhinge. Putin hat ohne Beweise behauptet, dass die Ukraine vorhatte, zuerst einen Angriff auf Russland zu starten, und dass ihr Krieg ein Präventivangriff war. Die Ankündigung vom Freitag wird für einige den existenziellen Charakter des Konflikts bestätigen. Kaja Kallas, die estnische Ministerpräsidentin, nannte die Entscheidung einen "Schritt näher an den Tag des Gerichts". Es ist eine "Erinnerung daran, dass niemand immun ist, nicht einmal Staatsoberhäupter. Das russische Regime wird zur Rechenschaft gezogen", schrieb sie.
Russland wies die Vorwürfe am Freitag zurück, und eine Sprecherin des Außenministeriums sagte, das Gericht habe in Russland "keine Bedeutung". "Wir halten die bloße Fragestellung für unverschämt und inakzeptabel. Russland erkennt wie eine Reihe von Staaten die Zuständigkeit dieses Gerichts nicht an, und dementsprechend sind alle Entscheidungen dieser Art für die Russische Föderation aus rechtlicher Sicht nichtig", twitterte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Freitag.
Agenturen/bnm