
Warum es Altkönig Juan Carlos zurück nach Spanien zieht – allen Widerständen zum Trotz
Sein Rückkehrwunsch ist kein offizieller, aber die Indizien dafür sind stark. Zwischen seiner Reise ins Exil und seinem ersten Heimatbesuch im Mai 2022 vergingen 21 Monate. Der Vorwand war eine Segelregatta in Galicien, im Nordwesten Spaniens. Auf dem Rückweg schaute er bei seinem Sohn in dessen königlicher Residenz in der Nähe von Madrid vorbei. Und dort redete ihm Felipe ins Gewissen, berichtet Zarzalejos, Autor eines Buches über die ersten Königsjahre Felipes. "Der König erklärte seinem Vater, wie seine Person in Spanien wirklich wahrgenommen wurde, und betonte die absolute Notwendigkeit, eine Reise wie die nach Galicien nicht zu wiederholen." Der Vater aber wollte auf seinen Sohn nicht hören. Er kam wieder und wieder.
Für die folgende Reise, im April dieses Jahres, ließ Juan Carlos elf Monate verstreichen, für die nächste drei Monate, dann zwei, dann einen und dann noch mal einen Monat. Von dieser letzten Reise ist er gerade an diesem Sonntag nach Abu Dhabi zurückgekehrt. Zum Anlass für den Spanien-Trip hatte er wieder, wie fast jedes Mal, eine Segelregatta in Galicien genommen. "Die Regatten sind nur ein Vorwand", zitiert die Zeitung "El Español" einen Vertrauten des alten Monarchen, "um die Luft seiner Heimat atmen zu können, die Gastronomie seines Landes zu genießen und sich mit seinen engsten Freunden zu umgeben".
Als Juan Carlos im Mai letzten Jahres zum ersten Mal wieder nach Spanien kam, war das beinahe eine Staatsaffäre. Viele Leute hatten ihm seine Geld- und Liebeshändel nicht verziehen, die keine juristischen Folgen hatten, aber seinen Ruf beschädigten. Die linke Sánchez-Regierung fand, er müsse sich öffentlich zu seiner laxen Steuermoral bekennen. Eine Journalistin rief ihm die Frage zu, ob er eine Erklärung abgeben wolle. "Eine Erklärung? Worüber?", fragte der Königsvater zurück.
Dieses Jahr ist Juan Carlos nicht einmal, sondern fünfmal gekommen, und das macht kaum noch Lärm. Die Leute gewöhnen sich an alles, und sie haben auch andere Sorgen: zum Beispiel eine neu gewählte Regierung, die nur deswegen zustande kam, weil sie katalanischen Separatisten eine Amnestie versprach. Alte Sünden sind lässliche Sünden. Das findet Juan Carlos auch.
Sollte der heute 85-jährige Ex-König tatsächlich bald in seine Heimat zurückkehren, werden ihm nicht plötzlich die Herzen aller Spanier zufliegen. Die Presse wird tun, was sie jahrzehntelang nicht getan hat: genauer hinschauen, was der alte Monarch treibt. Überzeugte Republikaner werden schäumen. Von Juan Carlos enttäuschte Monarchisten wie José Antonio Zarzalejos werden gnädiger sein. "Er war ein großer Staatsmann und zugleich ein sehr gewöhnlicher Mensch", findet er. Noch stehen für die meisten Spanier seine Schwächen im Vordergrund. "Aber ich glaube", sagt Zarzalejos, "wir haben die Verpflichtung, aufs Ganze zu schauen." Und aufs Ganze gesehen, meint er, hat Juan Carlos in seinem Leben keine so schlechte Figur gemacht.