US-Präsident Joe Biden warnt Premierminister Netanjahu vor Konsequenzen, sollte Israel den Schutz von Zivilisten nicht erhöhen
Wie das Weiße Haus mitteilte, telefonierten Biden und Netanjahu am Donnerstag miteinander. In dem Gespräch habe Biden Netanjahu dazu aufgefordert, eine Reihe "spezifischer, konkreter und messbarer Schritte" zu unternehmen, um das Leid für die Menschen im Gazastreifen zu verringern und den Schutz von Helfern zu erhöhen. Die künftige US-Politik in Bezug auf den Gazastreifen hänge davon ab, wie Israel diese Maßnahmen umsetze, warnte Biden.
Es war das erste Gespräch zwischen Biden und Netanjahu seit dem Tod von sieben Mitarbeitern der Hilfsorganisation World Central Kitchen (WCK) bei einem israelischen Luftangriff, über den sich der US-Präsident "empört" gezeigt hatte. Im Gespräch mit dem israelischen Regierungschef nannte Biden die Angriffe auf humanitäre Helfer und die allgemeine humanitäre Lage in dem Palästinensergebiet "inakzeptabel", wie das Weiße Haus mitteilte.
Wie eine mögliche Kursänderung der US-Regierung aussehen könnte, blieb jedoch offen. "Ich werde keine Vorschau auf Entscheidungen geben, die noch nicht getroffen wurden, aber es gibt Dinge, die getan werden müssen", sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, in Washington. "Lassen Sie uns abwarten, was die israelische Seite tut, sagt, was sie umsetzt und wohin sie geht, bevor wir über tatsächliche politische Entscheidungen sprechen." Mit Blick auf mögliche Schritte, die die Israelis nun einleiten könnten, sagte Kirby, man hoffe auf Maßnahmen "in den kommenden Stunden und Tagen".
Biden forderte in dem Telefonat mit Netanjahu erneut eine sofortige Waffenruhe im Gaza-Krieg. Auch drang der Präsident den Angaben des Weißen Hauses zufolge darauf, dass Netanjahu "ohne Verzögerung" seine Unterhändler zum Abschluss einer Vereinbarung über die Freilassung der von der Hamas verschleppten Geiseln ermächtigt.
Biden hat Israel im Krieg gegen die radikalislamische Palästinenserorganisation bislang durchgehend unterstützt, unter anderem mit Rüstungslieferungen. Allerdings übte der US-Präsident zuletzt angesichts der humanitären Not im Gazastreifen immer deutlichere Kritik an der israelischen Kriegsführung.
Derweil teilte die israelische Armee im Onlinedienst Telegram mit, dass sie angesichts des Krieges im Gazastreifen und zunehmender Spannungen mit dem Iran ihre Verteidigungsbereitschaft stärke. Die Armee verhängte am Donnerstag eine Urlaubssperre für ihre Kampfeinheiten, blockierte GPS-Signale an bestimmten Orten und stärkte eigenen Angaben zufolge ihre "Wachsamkeit", insbesondere bei der Luftabwehr.
Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen warf Israel die "systematische und vorsätzliche Zerstörung" des Gesundheitssystems im Gazastreifen vor. "Kein Gesundheitssystem der Welt kann mit dem Ausmaß und der Art von Verletzungen umgehen, mit denen wir täglich konfrontiert sind", sagte MSF-Vertreterin Amber Alayyan.