
Tödliche Unruhen in Neukaledonien: Macron beruft weiteres Sicherheitstreffen ein
Die Unruhen begannen, nachdem die französische Regierung Pläne angekündigt hatte, neue Wahlregelungen einzuführen, die Zehntausenden nicht-indigenen Einwohnern das Wahlrecht gewähren würden. Diese Pläne stießen auf heftigen Widerstand der indigenen Kanaken, die befürchten, dass ihre politischen Rechte und ihre kulturelle Identität untergraben werden könnten.
In den vergangenen Tagen hat die französische Regierung den Ausnahmezustand ausgerufen und rund 1.000 zusätzliche Sicherheitskräfte nach Neukaledonien entsandt. Trotz dieser Maßnahmen verschärften sich die Spannungen weiter. Am Sonntag starteten französische Streitkräfte eine groß angelegte Operation, um den Zugang zum internationalen Flughafen La Tontouta wiederherzustellen. Die Hauptstraße zum Flughafen war seit Dienstag durch Barrikaden blockiert, die von Unabhängigkeitsaktivisten errichtet wurden.
Im Rahmen der Operation wurden 76 Straßensperren auf der 64 Kilometer langen Hauptstraße von Nouméa zum Flughafen zerstört. Einsatzkräfte nutzten gepanzerte Fahrzeuge und Baumaschinen, um die Barrikaden zu durchbrechen. "Die republikanische Ordnung wird um jeden Preis wiederhergestellt", sagte Louis Le Franc, der französische Hochkommissar für Neukaledonien. "Wenn Separatisten ihre Waffen einsetzen wollen, riskieren sie das Schlimmste."
Die Situation bleibt angespannt, da Berichte von anhaltenden Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten sowie Plünderungen und Brandstiftungen in der Hauptstadt Nouméa und anderen Teilen der Insel bekannt wurden. Laut der neukaledonischen Handelskammer wurden etwa 150 Unternehmen geplündert und in Brand gesteckt, was rund 1.000 Menschen arbeitslos machte.
Die Gewalt hat bereits mehrere Menschenleben gefordert, darunter die zwei Gendarmen Nicolas Molinari und Xavier Salou, deren Leichen am Montag nach Frankreich zurückgebracht wurden. Mindestens drei weitere Menschen, indigene Kanaken, wurden ebenfalls getötet. Insgesamt wurden etwa 230 Personen festgenommen.
Die Lage hat auch internationale Besorgnis geweckt. Australien und Neuseeland haben Anträge auf frühere Wiedereröffnung des Flughafens gestellt, um ihre Bürger zu evakuieren. Neuseelands Außenminister Winston Peters bestätigte, dass das Militär seines Landes Rückführungsflüge vorbereitet. Australische Touristen berichten von den schwierigen Bedingungen, unter denen sie in Neukaledonien festsitzen.
Neukaledonien, ein französisches Territorium seit Mitte des 19. Jahrhunderts, ist seit langem ein Brennpunkt für Spannungen zwischen Befürwortern der Unabhängigkeit und der französischen Regierung. Die indigene Bevölkerung der Kanaken, die etwa 40 % der Gesamtbevölkerung von 270.000 Menschen ausmacht, ist oft ärmer und hat weniger Zugang zu Bildung als die europäischstämmigen Kaledonier.
Der Konflikt um die neuen Wahlregelungen hat diese tief verwurzelten Spannungen weiter angeheizt. In einem offenen Brief haben die Präsidenten von vier weiteren französischen Überseegebieten – La Réunion, Guadeloupe, Martinique und Französisch-Guayana – die Rücknahme der umstrittenen Bestimmungen gefordert.
Während die französische Regierung weiterhin Maßnahmen ergreift, um die Ordnung wiederherzustellen und die Versorgung mit lebenswichtigen Gütern zu gewährleisten, bleibt die Zukunft Neukaledoniens ungewiss. Die jüngsten Ereignisse zeigen, wie dringend eine nachhaltige und gerechte Lösung für die politischen und ethnischen Konflikte auf den Inseln gefunden werden muss.
Die kommenden Tage werden entscheidend sein, ob es gelingt, die Situation zu beruhigen und einen Dialog zwischen den Konfliktparteien zu ermöglichen. Die Welt blickt gespannt auf die Entwicklungen in diesem entlegenen, aber geopolitisch bedeutenden Teil der Erde.