Verheerende Waldbrände: Australiens Eukalyptusbäume treiben Feuer an
Transportiert der Wind diese brennenden Streifen oder Rindenstücke fort, so kann die Rinde leicht neue Brände in Gang setzen. "Dies verändert die Dynamik des Feuers und erhöht die Intensität, da es nicht mehr eine einzige Front gibt, sondern viele kleine Feuer ineinander übergehen", erklärte Jane Cawson, eine Expertin für Vegetationsentflammbarkeit an der University of Melbourne. Dieser Prozess, den Experten "Spotting" nennen, kann – im Falle der "Ribbon Barks" – noch in bis zu 30 Kilometer Entfernung vom Hauptbrand ein neues Feuer auslösen. Zudem enthalten die Blätter einiger Arten einen hohen Prozentsatz an Öl, das sich leicht entzündet und heftig brennt.
Eukalyptusbäume sind in vielerlei Hinsicht faszinierende Pflanzen. Die Bäume kommen seit mindestens 60 Millionen Jahren in Australien vor, ihre Artenvielfalt explodierte aber laut einer australischen Studie aus dem Jahr 2019 vor rund zwei Millionen Jahren. Die Bäume haben sich bestens an die klimatischen Bedingungen in Australien angepasst und können sowohl mit Dürre und Trockenheit wie auch mit Buschbränden umgehen. "Unsere einheimischen Eukalypten haben dicke wachsartige Blätter, die es ihnen ermöglichen, in trockenen Umgebungen nicht zu viel Wasser zu verlieren und viele Insektenangriffe zu verhindern", schrieb Cris Brack, ein Forstwissenschaftler an der Australian National University in Canberra, nach der letzten großen Feuerkatastrophe 2020 in einer E-Mail.
Die Bäume sind enorm widerstandsfähig und können sich nach Buschfeuern meist wieder gut erholen. Viele Eukalyptusarten können sich aus unterirdischen Pflanzenteilen komplett neu entwickeln. Einige brauchen sogar das Feuer und teilweise auch den Rauch eines Buschfeuers, um sich zu vermehren. Andere wiederum lassen nach einem Feuer zunächst Äste mit grünen Blättern aus dem Stamm heraussprießen, um die Fotosynthese der verbrannten Baumkrone zu unterstützen.
Deswegen ist es vielleicht nicht überraschend, dass die ersten Europäer in Australien von diesen "Wunderbäumen" fasziniert waren. Zudem waren Eukalyptussamen im frühen 19. Jahrhundert ein exotisches Mitbringsel von dem neu entdeckten Kontinent und Aristokraten, Sammler und Botaniker gleichermaßen wollten die Bäume in Gärten in London und Paris pflanzen, nicht zuletzt auch, weil die Bäume überraschend schnell in die Höhe sprießen.
Der in Deutschland geborene Botaniker Ferdinand von Müller war einer derjenigen, der die Bäume vollmundig anpries. Von Müller, der damals der erste Direktor der Melbourne Botanic Gardens war, förderte den Export australischer Eukalyptussamen. Er verteilte die Samen an Botaniker, die zu Besuch in Australien waren, und verschickte sie per Post nach Europa – vor allem, um die Wiederaufforstung gerodeter Flächen im Mittelmeerraum anzustoßen. "Wo die Holzvegetation rücksichtslos zerstört wird, herrscht Trockenheit und daraus resultiert Unfruchtbarkeit und je heißer das Klima, desto mehr ist es zu fürchten", ist eines seiner bis heute berühmten Zitate.
Doch so richtig er damit lag, so falsch lag er in der Wahl der Baumarten. Denn die Bäume breiteten sich in Europa mehr als erfolgreich aus. In Portugal, wo sie für die Papierproduktion angepflanzt werden, sind heute rund 10 Prozent der Landfläche mit Eucalyptus globulus bedeckt – eine der Arten, die eine sogenannte "Ribbon Bark" haben, die sich vom Stamm ablöst und damit leicht zum Brandstifter wird. In Chile haben schnell wachsende Eukalyptusplantagen gemeinsam mit einigen Kiefernarten eine florierende Forstwirtschaft gespeist und an Orten wie in Kalifornien können sich viele die lokalen Wälder heute gar nicht mehr ohne Eukalyptusbäume vorstellen.
"Ich habe Eukalyptusbäume in so vielen Landschaften auf der ganzen Welt gesehen", berichtete Julie Taylor Mills vom Nature Conservation Council. Auf ihrer letzten Reise in Afrika habe sie beispielsweise gesehen, wie die Bäume großflächig in Uganda gepflanzt wurden – als Erosionsschutz, als Brennholz, zur Gewinnung ätherischer Öle und auch als Barriere für Wildtiere. Doch die "Reise des Eukalyptus über den Globus" habe eben auch zu einer Menge Probleme geführt, wie Mills eingestand.
Dies wird besonders deutlich, nachdem der Klimawandel immer höhere Temperaturen und teils ausdauernde Hitzewellen mit sich bringt, die den idealen Nährboden für Waldbrände schaffen. Zusammen mit "Brandstiftern" wie den Eukalyptusbäumen ergibt dies eine brandgefährliche Kombination. So haben die Bäume beispielsweise zu großen Waldbränden in Kalifornien und Portugal beigetragen. Bei den tödlichen Bränden in Portugal im Jahr 2017 haben Experten sie sogar als einen der Hauptschuldigen ausgemacht. Die Umweltgruppe Quercus drängt deswegen seit Längerem bereits auf die Abholzung von Eukalyptusbäumen in ganz Portugal. 1989 stürmten Mitglieder der Gruppe sogar eine Plantage und holzten selbst Bäume um. Und auch in Griechenland und Spanien gibt es ähnliche Bewegungen.
Selbst in ihrer Heimat Australien haben die meisten Leute Respekt vor den Bäumen und das nicht nur, weil einige von ihnen den Ruf haben, unvermittelt teils große Äste abzuwerfen (weswegen sie in Australien gerne "Widow Makers" – "Witwenmacher" genannt werden), sondern auch weil 80 Prozent der Hausfeuer von fliegender Rinde oder anderem brennenden Pflanzenmaterial verursacht werden, wie Jane Cawson berichtete.
ag/bnm