"Das Wetter, die Natur fordern uns heraus" - Scholz macht sich bei Rundflug Bild von Hochwasserlage
"Ich sehe, dass die Bereitschaft weit über diejenigen hinausgeht, die jetzt beruflich oder ehrenamtlich in den Hilfsorganisationen tätig sind. Da helfen auch Bürgerinnen und Bürger vor Ort ganz konkret mit und fragen, was sie tun können", sagte Scholz. "Das ist wichtig. Ich glaube, dass das zeigt, dass in unserem Land Solidarität existiert und die Bereitschaft, zusammenzuhalten." Scholz versicherte, auch der Bund stehe den betroffenen Ländern und Kommunen bei der Bewältigung "mit seinen Möglichkeiten" zur Seite.
Ministerpräsident Stephan Weil machte deutlich, dass die Lage weiterhin angespannt sei. Man sei froh, dass die Sicherungssysteme bisher hielten. "Aber wir wissen ganz genau, je länger der Druck des Wassers auf den Deichen liegt, desto größer ist das Risiko, dass doch noch diese Dämme dann brechen können", erklärte Weil. Bislang sei das Land mit einem blauen Auge davongekommen. Er wisse von keinem Todesfall und nur einer Verletzung bei der Feuerwehr. Auch die Zahl der evakuierten Menschen sei erfreulich niedrig: "Jeder Einzelne davon tut mir leid. Aber gemessen an dem Risiko, dass wir schon in den letzten Tagen gesehen haben, ist eine Zahl von deutlich unter 2000 evakuierten Personen, von denen jetzt viele schon wieder zu Hause sind, überschaubar."
Der Regierungschef sprach weiter von einer beeindruckenden Gemeinschaftsleistung. Landesweit gebe es weit mehr als 100.000 aktive Helfer, und etwa 6 bis 10 Millionen Sandsäcke seien bereits gefüllt und verlegt worden. Gefragt nach möglichen Entschädigungen für die betroffenen Regionen sagte Weil: "Im Moment sind wir dabei, eine akute Krise zu bekämpfen. Danach werden wir uns sicherlich mit den anderen Fragen auseinandersetzen, welche Schäden sind entstanden, welche Möglichkeiten der Hilfe bestehen."
Kanzler Scholz hatte zuvor einen Rundflug mit einem Helikopter absolviert. Der SPD-Politiker landete am Silvestervormittag mit einer Maschine der Luftwaffe in Verden. Begleitet von Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil und der Innenministerin des Landes, Daniela Behrens (beide SPD), stieg Scholz nach der Landung in braunen Lederschuhen in ein Auto. Einen Kommentar gab der Bundeskanzler zu diesem Zeitpunkt nicht ab.
Anschließend war geplant, dass die Politiker dann in Verden an der Aller vom Landesbranddirektor über die Hochwasserlage, die getroffenen Schutzmaßnahmen und die zu erwartende weitere Entwicklung informiert werden. Im Anschluss wollen sich Scholz, Weil und Behrens mit Bürgern austauschen, die vom Hochwasser betroffen sind. Zudem wollte sich der Kanzler bei den Hilfskräften bedanken, hieß es von der Staatskanzlei.
Die "Bild" hatte zuvor berichtet, dass der Kanzler den Helfern danken und den Betroffenen zeigen wolle, dass die Regierung sie in dieser schweren Lage nicht alleine lasse. In den vergangenen Jahrzehnten waren Regierungschefs immer wieder in von Hochwasser betroffene Gebiete gereist. 2021 hatte die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Menschen im Ahrtal in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen Mut zugesprochen.
Seit Tagen kämpfen Tausende Einsatzkräfte in mehreren Gebieten Deutschlands gegen die Folgen heftiger Niederschläge. Betroffen sind vor allem Teile Niedersachsens, der Süden Sachsen-Anhalts an der Grenze zu Thüringen und Gebiete in Nordrhein-Westfalen. Zuletzt hatte sich die Wetterlage leicht entspannt. Für die nächsten Tage rechnen Meteorologen aber mit neuem Regen. Helfer befürchten, dass die Flusspegel dann erneut ansteigen könnten.
Das Hochwasser bedeutet für viele freiwillige Feuerwehren, Technisches Hilfswerk (THW) und viele andere Helfer, dass sie den Jahreswechsel wohl im Einsatz verbringen müssen. Den Behörden bereiteten zuletzt besonders aufgeweichte Deiche Sorgen. Nach Scholz will an Neujahr auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) in das Hochwassergebiet reisen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur wird Faeser am Montagnachmittag gemeinsam mit Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) im Raum Oldenburg Einsatzkräfte von THW und Bundespolizei treffen.