
EZB beginnt mit Zinssenkungen trotz anhaltender Inflationssorgen
Die Entscheidung, die Zinssätze zu erhöhen, war notwendig, um die Inflationsrate, die zeitweise über 10 Prozent lag, zu senken. Trotz dieser Maßnahmen bleibt die Inflation hartnäckig und liegt mit 2,6 Prozent im Mai weiterhin über dem Zielwert von 2 Prozent.
Die Entscheidungsträger der EZB werden voraussichtlich am Donnerstag die Kreditkosten in der Eurozone senken. Ökonomen schätzen die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung auf 93 Prozent. Die Märkte gehen davon aus, dass der Zinssatz für die Einlagenfazilität, die Banken für täglich fällige Einlagen beim Eurosystem nutzen können, von seinem derzeitigen Rekordhoch von 4 Prozent auf 3,75 Prozent gesenkt wird. Carsten Brzeski, Ökonom bei ING, betont, dass die EZB fast gezwungen ist, diesen Schritt zu gehen, da sie ihn in den letzten zwei Monaten stark kommuniziert hat.
Auch die Bank of Canada (BoC) wird voraussichtlich ihre Zinssätze um 25 Basispunkte auf 4,75 Prozent senken, da das Wirtschaftswachstum in Kanada langsamer als erwartet verlief und die Inflation zurückging. Dies würde die EZB und die BoC zu den ersten großen Notenbanken machen, die im aktuellen Zyklus ihre Geldpolitik lockern. Im Gegensatz dazu wird die Bank of England aufgrund weiterhin hoher Inflation vorerst keine Zinssenkung vornehmen.
Trotz der erwarteten Zinssenkung bleiben die zukünftigen Zinsschritte der EZB unklar. Analysten, wie Konstantin Veit von Pimco, gehen davon aus, dass die EZB ihren Ansatz von Sitzung zu Sitzung auf Grundlage der aktuellen Datenlage überprüfen wird. Es wird erwartet, dass die EZB sich nicht auf einen bestimmten Zinspfad festlegt.
Die jüngsten Daten zeigen, dass die Inflation in der Eurozone im Mai gestiegen ist, was auf anhaltenden Druck auf die Preise hinweist. Besonders besorgt sind die Beamten über den starken Preisanstieg im Dienstleistungssektor sowie das anhaltend robuste Lohnwachstum. Die Wirtschaft der Eurozone wuchs im ersten Quartal schneller als erwartet, jedoch langsamer als die robuste US-Wirtschaft.
Analysten von Nomura erwarten, dass die EZB trotz der Unsicherheit mehrere Zinssenkungen in den nächsten 18 Monaten vornehmen wird. Sie prognostizieren, dass der Einlagensatz auf 2,50 Prozent sinken könnte. Holger Schmieding, Ökonom bei der Berenberg-Bank, erwartet, dass die EZB die Zinsen in diesem Jahr nur einmal pro Quartal senken wird und der Einlagenzins bis Ende 2024 auf 3,25 Prozent sinken wird.
Die Zinssenkungen der EZB sind ein notwendiger Schritt, um die Wirtschaft in der Eurozone zu stützen, ohne die Inflation weiter zu erhöhen. Die Entscheidungsträger stehen vor der Herausforderung, einen Balanceakt zu vollführen: Sie müssen die wirtschaftliche Erholung fördern, während sie gleichzeitig die Inflation in Schach halten. Anleger und Beobachter werden gespannt verfolgen, wie die EZB ihre Geldpolitik in den kommenden Monaten weiterentwickeln wird.