
Hamburg: Vier Bauarbeiter sterben nach Sturz von Gerüst
Ein Baugerüst war ersten Erkenntnissen zufolge am Montagmorgen in einen Fahrstuhlschacht gestürzt. Vier Arbeiter kamen nach Angaben der Feuerwehr ums Leben. Eine Person schwebt in Lebensgefahr und wird im Krankenhaus behandelt. Das bestätigt am Montagmittag eine Feuerwehrsprecherin . Die Opfer stammen nach Angaben der Stadtentwicklungsbehörde aus Bulgarien.
Warum das Gerüst zusammenbrach, war zunächst völlig unklar. Auf der Plattform hätten auch Baumaterialien gelegen, die mit in die Tiefe stürzten, sagte ein Feuerwehrsprecher. Medienberichte, wonach womöglich eine Überlastung der Plattform zum Zusammenbruch des Gerüstes führte, wollte der Sprecher zunächst nicht kommentieren. Zunächst hatte die Feuerwehr von fünf Toten gesprochen, die Zahl dann aber auf zunächst drei Tote und dann auf vier korrigiert. Am Montagnachmittag hätten die Einsatzkräfte beim Abtragen der Gerüststangen einen weiteren Toten entdeckt, sagte ein Feuerwehrsprecher.
Vermisst werde nun niemand mehr. Insgesamt waren rund 150 Rettungskräfte im Einsatz, darunter Höhenretter und ein Technischer Zug der Freiwilligen Feuerwehr. Die Feuerwehr kam zuvor über Stunden nicht an die Opfer heran. "Das ist eine sehr, sehr schwierige Bergungssituation, und da muss man Stück für Stück arbeiten", sagte der Sprecher. Die Trümmerteile stapelten sich den Angaben zufolge vom Untergeschoss bis in den zweiten Stock. "Wir haben hier drei Stockwerke, wo wir Trümmerteile zur Seite schieben müssen und sichern müssen", sagte der Feuerwehrsprecher. Das sei ein Riesen-Mikado. Gerüststangen lägen kreuz und quer. Laut einer Sprecherin war der Einsatz auf der Baustelle auch für die Feuerwehrleute lebensgefährlich. Die Baustelle wurde komplett evakuiert und Hunderte Arbeiter wurden nach Hause geschickt.
Der Unfall ereignete sich an einer Baustelle für das Überseequartier. Das Überseequartier ist eine der größten Baustellen Hamburgs. Dort entstehen Einkaufspassage, Gastronomie, Büros und Hotels. Das Überseequartier ist Teil der Hamburger Hafencity, die wiederum als Europas größtes innerstädtisches Stadtentwicklungsvorhaben gilt. Das Projekt direkt an der Elbe wurde Anfang der 1990er Jahre vom damaligen Bürgermeister Henning Voscherau (SPD) angeschoben und umfasst nach Angaben der HafenCity Hamburg GmbH eine Fläche von rund 157 Hektar. Das Überseequartier gilt dabei als das großstädtischste und zugleich publikumsintensivste Quartier.
Auf dem 14 Hektar umfassenden Gelände entstehen Geschäfte, Gastronomie, Entertainment, Büros, ein Kreuzfahrtterminal, ein unterirdischer Busbahnhof, Hotels mit rund 1150 Zimmern sowie mehr als 1000 Wohnungen. Der nördliche Teil ist bereits seit 2019 fertig, im südliche Teil laufen die Arbeiten. Das Immobilienunternehmen Unibail-Rodamco-Westfield investiert dabei den Angaben zufolge mehr als eine Milliarde Euro in die insgesamt rund 260.000 Quadratmeter entstehende oberirdische Bruttogrundfläche.
Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) sprach den Angehörigen der Opfer sein Beileid aus. "Mein Beileid und meine aufrichtige Anteilnahme gelten allen Angehörigen der Opfer", erklärte der SPD-Politiker am Montag auf der Plattform X (vormals Twitter). Gleichzeitig dankte er den Einsatzkräften, "die seit Stunden alles tun, um die Verletzten des schrecklichen Arbeitsunfalls in der HafenCity schnell zu bergen". Hamburgs Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein (SPD) wollte sich am Nachmittag persönlich ein Bild von der Lage an der Unglücksstelle machen.
Erst am 2. September waren vier Arbeiter bei einem ähnlichen Unfall an einer Baustelle an den Hamburger Elbbrücken - unweit der HafenCity - teils lebensbedrohlich verletzt worden. Ein Baugerüst knickte ein und riss die Arbeiter etwa fünf Meter in die Tiefe, wie ein Polizeisprecher sagte. Die Männer seien aus einer Höhe von etwa fünf Metern abgestürzt. Drei Bauarbeiter im Alter von 27, 35 und 53 Jahren wurden schwer verletzt. Ein 21-Jähriger erlitt lebensbedrohliche Verletzungen. Die Bauarbeiter sollen damit beschäftigt gewesen sein, an der Eisenbahnbrücke ein Baugerüst zu demontieren. Da zum Unfallzeitpunkt gerade Ebbe herrschte und der Fluss kein Wasser führte, fielen die Bauarbeiter auf das steinige Flussbett.
Am 6. April 2020 waren zwei Bauarbeiter auf einer Baustelle an der Zweibrückenstraße in der HafenCity von herabfallenden Bauteilen schwer verletzt worden. Ein Paket aus 20 bis 30 Schalbrettern, die von einem Kran versetzt wurden, seien vom Haken abgerissen, sagte ein Feuerwehrsprecher. Sie haben einen Bauarbeiter unter sich begraben und einen weiteren seitlich getroffen und schwer verletzt.