
Resolution zu Gaza - Scholz verteidigt Enthaltung bei UN-Abstimmung
Deutschland habe "hart daran gearbeitet, einen Beschluss der Vollversammlung der Vereinten Nationen zu erreichen, der der Situation gerecht wird", sagte Scholz am Sonntag bei seinem Besuch in Nigeria. "Als uns das nicht gelungen ist, haben wir uns der Stimme enthalten."
Es sei in den Verhandlungen vor allem darum gegangen, nicht außer Acht zu lassen, "dass es sich um eine Aggression handelte, eine brutale mörderische Aggression der Hamas, die viele Menschen, Kinder, Babys, Großväter und Großmütter getötet hat", betonte Scholz. "Das kann nicht akzeptiert werden, und wir werden Israel ganz deutlich dabei unterstützen, seine eigene Sicherheit zu verteidigen."
Die FDP hat die Enthaltung kritisiert. Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte dem "Tagesspiegel" (Montag): "Das Votum des Außenministeriums ist enttäuschend und nicht nachvollziehbar." Bundesfinanzminister Christian Lindner sagte dazu am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin", er habe mit Baerbock dazu noch nicht sprechen können. "Ich nehme nur wahr, dass die Hamas das Votum feiert und Israel stark kritisiert", sagte der FDP-Chef.
Israels Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, hatte sich enttäuscht zum deutschen Abstimmungsverhalten geäußert und die Bundesrepublik aufgefordert, seinem Land bei den Vereinten Nationen klar den Rücken zu stärken. "Wir brauchen Deutschlands Unterstützung bei der UNO", sagte Prosor am Samstag. Sich bei einer Abstimmung zu enthalten, "weil man nicht direkt sagen kann, dass Hamas für dieses grausame Massaker verantwortlich ist, ist nicht genug", kritisierte er.
Auch die ehemalige israelische Außenministerin Tzipi Livni hat kein Verständnis für die Enthaltung Deutschlands bei der Abstimmung über die umstrittene Resolution. Sie habe die Erwartung an die internationale Gemeinschaft, zuerst den Terror der Hamas gegen Israel zu verurteilen. Das reiche aber nicht aus, sagte Livni am Montag im Deutschlandfunk. Es gehe auch darum, Israel in seinem Kampf gegen die "bösartige Terrororganisation" Hamas zu unterstützen. Livni war von 2006 bis 2009 israelische Außenministerin. Die Angriffe seien nicht einfach nur eine weitere Etappe der Gewalttätigkeiten, denen man mit einem Waffenstillstand beikommen könne. Es gehe um Verbrechen gegen die Menschlichkeit, betonte Livni.
Das Einzige, was jetzt zähle, sei die Hamas kampfunfähig zu machen, sagte die ehemalige Politikerin, die die letzten Friedensverhandlungen mit den Palästinensern geführt hatte. Es gebe keine Hoffnung auf einen Frieden mit der Hamas. Livni sprach sich für eine Friedenslösung mit zwei Staaten aus. Livni kritisierte, die Hamas habe keinerlei Legitimation, für das palästinensische Volk zu sprechen. Sie repräsentiere die dschihadistische Ideologie, die gar nicht für die Gründung eines palästinensischen Staates einstehe, aber das Existenzrecht Israels leugne.
Die Gelder, die die radikalislamische Organisation aus Katar erhalten habe, habe sie nur in Waffen investiert, aber nicht in die Hilfe für die eigene Bevölkerung im Gaza-Streifen. Auch der Zentralrat der Juden in Deutschland hat die deutsche Enthaltung bei der Abstimmung über die Gaza-Resolution in der UN-Vollversammlung kritisiert. "Wenn es in der UN darauf ankommt, hat Deutschland ausgerechnet jetzt keine klare Haltung gegen die Relativierung des Hamas-Terrors", sagte Schuster der "Bild"-Zeitung (Montag).
Er beklagte zudem: "Judenhass und Israelfeindlichkeit flammen in Deutschland wieder auf." Das geschehe offen auf den Straßen, in Hörsälen oder Theatern. Die Entwicklung der letzten Wochen in Deutschland habe er so nicht erwartet. Schuster fügte hinzu: "Ich erkenne zuweilen dieses Land nicht wieder."
UN-Resolution verurteilt Gewalt gegen die Zivilbevölkerung – ohne Terror der Hamas eindeutig zu benennen
Die am Freitag mit Zwei-Drittel-Mehrheit angenommene UN-Resolution verurteilt jegliche Gewalt gegen die israelische und palästinensische Zivilbevölkerung, fordert die sofortige und bedingungslose Freilassung aller "illegal festgehaltenen" Zivilisten und verlangt ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe in den Gazastreifen.
Außerdem wird zu einer "sofortigen dauerhaften und nachhaltigen humanitären Waffenruhe" aufgerufen, die zur "Einstellung der Feindseligkeiten" führen solle. Eine eindeutige Verurteilung des Terrors der Hamas als Auslöser des Krieges ist nicht enthalten. 120 Länder stimmten für die Resolution, 45 enthielten sich, 14 waren dagegen. Die westlichen Staaten der EU und der G7 fanden keine gemeinsame Linie. Während Frankreich und Spanien dafür stimmten, enthielten sich Deutschland, Großbritannien und Italien. Die USA stimmten zusammen mit mehreren kleineren EU-Staaten wie Österreich, Tschechien und Ungarn mit Nein.