
Bauern bereiten trotz Zugeständnissen der Ampel massive Proteste vor
Bundesweit erwarten Polizeibehörden am Montag Straßenblockaden und weitere Aktionen mit Treckern und anderem landwirtschaftlichen Gerät. Das Wirtschaftsministerium von Mecklenburg-Vorpommern rechnet mit Problemen "an den meisten Autobahnauffahrten". "Zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung" erlaubte die Behörde deshalb ausnahmsweise den Warenferntransport am Sonntag.
Die Polizeigewerkschaft in Bayern befürchtet eine Überlastung der Polizei und kritisierte die Landwirte. "Viele Aktionen schießen da nicht nur rechtlich weit übers Ziel hinaus, sie stellen in Teilen auch Verkehrsgefährdungen sowie Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar", erklärte Polizeigewerkschafter Thorsten Grimm.
Der Deutsche Bauernverband (DBV) hat zu einer Woche bundesweiter Protestaktionen gegen die Politik der Bundesregierung aufgerufen. Entzündet hatte sich die Wut der Landwirte an geplanten Kürzungen der Subventionen für die Branche im Zuge der Haushaltskrise. Die Bundesregierung hat die Pläne mittlerweile wieder weitgehend einkassiert, der DBV hält dennoch an den Protesten fest.
Der Bund Deutscher Milchviehhalter (BDM) begründete dies mit tiefer liegenden Problemen. Es gehe "vielen längst um viel mehr als Agrardiesel und eine Kfz-Steuerbegünstigung", erklärte der BDM-Vorsitzende Karsten Hansen. "Es ist ein Protest gegen den berühmten Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt."
Weitere Branchen schlossen sich an, etwa Fischereiverbände und der bayerische Hotel- und Gaststättenverband. "Wir solidarisieren uns mit den Bauern und werden ab Montag auch bei den Kundgebungen dabei sein", erklärten die Gastwirte.
FDP-Chef Lindner kritisierte die angekündigten Proteste als "unverhältnismäßig". Protest müsse immer "verhältnismäßig im Rahmen unserer demokratischen Ordnung" sein, sagte er beim Dreikönigstreffen seiner Partei in Stuttgart. Bundesweite Blockadeaktionen seien dies nicht. "Sie haben sich verrannt, bitte kehren Sie um", appellierte er an die Landwirte.
Inhaltlich erteilte der Bundesfinanzminister den Bauern eine klare Absage: Die Branche profitiere etwa von der gesenkten Stromsteuer und fordere neue Fördermittel für den Stallumbau. "Wer neue Subventionen will, muss auch auf alte verzichten."
Nach einer Blockade-Aktion gegen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in Schleswig-Holstein am Donnerstag wird zudem eine zunehmende Radikalisierung der Landwirte und Unterwanderung der Proteste befürchtet. Protestierende Landwirte hatten mit ihren Treckern einen Fähranleger am Nordseehafen Schlüttsiel blockiert und Habeck am Verlassen der Fähre gehindert. Die Aktion sorgte für breite Kritik in der Politik.
Vertreter der Bauernverbände distanzierten sich wiederholt von Gewalt und extremistischer Einflussnahme. DBV-Präsident Joachim Rukwied erklärte die Teilnahme rechter Gruppierungen an den Bauernprotesten für unerwünscht. "Rechte und andere radikale Gruppierungen mit Umsturzgelüsten wollen wir auf unseren Demos nicht haben", sagte er der "Bild am Sonntag". Sicherheitsbehörden verzeichneten zuletzt aber diverse Mobilisierungsaufrufe und Solidaritätsbekundungen von Rechtsextremisten, Gruppierungen der Neuen Rechten und der Querdenker-Szene.
Das Bundeskriminalamt registrierte laut einem Bericht der "Welt am Sonntag" Aufrufe zu einem "Generalstreik" und "Umsturzrandale". Beteiligt sind demnach etwa die rechtsextremistische Partei Der III. Weg und die neurechte Initiative Ein Prozent. Gleichzeitig sieht die Behörde dem Bericht zufolge für die Bauernproteste und deren Veranstalter selbst keine "gefährdungsrelevanten Erkenntnisse".
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt kritisierte zu Beginn der Klausurtagung der Landesgruppe im oberbayerischen Kloster Seeon den Vorfall mit Bundesminister Habeck. Er habe aber Verständnis für die Proteste der Bauern. Weitere Unionspolitiker solidarisierten sich mit den Landwirten - solange die Proteste im rechtsstaatlichen Rahmen blieben.