
Nawalny-Tod: Außenministerium in Berlin bestellt an diesem Montag den russischen Botschafter ein
Der Tod Nawalnys belege, dass der russische Präsident Wladimir Putin "jeden Respekt vor menschlichem Leben vermissen lässt", sagte Hebestreit. Dies zeige sich "auch jeden Tag" an der russischen Kriegsführung in der Ukraine. Zuvor war bekannt geworden, dass Deutschland und andere EU-Staaten nach dem Tod Nawalnys weitere Sanktionen gegen Russland auf den Weg bringen wollen. Genutzt werden solle dazu ein spezielles EU-Sanktionsinstrument zur Bestrafung von schweren Menschenrechtsverstößen, erklärte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zum Auftakt eines EU-Außenministertreffens in Brüssel.
Die Untersuchung der Todesumstände des prominenten Oppositionspolitikers Alexej Nawalny dauert nach Angaben des Kremls weiter an. Sie sei "im Gange, alle notwendigen Maßnahmen werden ergriffen", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Montag vor Journalisten. "Für den Moment wurden die Ergebnisse noch nicht veröffentlicht und sind nicht bekannt", fügte er hinzu.
Kreml-Sprecher Peskow sagte auch, es sei "absolut unangemessen" unter diesen Bedingungen und in Ermangelung von Informationen "solche abscheulichen Aussagen" zu treffen. Auf den Verbleib von Nawalnys Leichnam angesprochen, betonte Peskow, er könne nicht sagen, wann dieser der Familie übergeben werde. Dies sei keine Angelegenheit der Präsidialverwaltung.
Nawalnys Familienangehörigen war am Montag den dritten Tag in Folge der Zugang zu dessen Leichnam verweigert worden. Nawalnys Team warf den russischen Behörden vor, den Oppositionspolitiker umgebracht zu haben und nun die Spuren verwischen zu wollen
Die erste Nachricht vom Tod Nawalnys am Freitag und die Bestätigung durch sein Team am Samstag haben kritisch eingestellte Russen in großen Schock versetzt. Dass Nawalnys Mutter Ljudmila und sein Anwalt nun extra viele Stunden lang zum Straflager im äußersten Norden Russlands gefahren sind und die Leiche trotzdem nicht finden können, macht viele nur noch fassungsloser. "Die Sonne ist untergegangen", schreibt der russische Soziologe Grigori Judin in einem Gastbeitrag für das kremlkritische Portal "Meduza".
In sozialen Netzwerken finden viele ähnlich verzweifelte Worte. Zuweilen wirkt es, als sei gerade nicht nur Nawalny gestorben, sondern auch die Zuversicht vieler oppositioneller Russen darauf, dass sich in absehbarer Zeit in ihrem Land irgendetwas zum Besseren ändert. Zwar war Nawalny bei aller Popularität durchaus auch ein streitbarer Politiker. Doch in Putins immer repressiver agierendem Russland war er zuletzt für sie ein großer Mutmacher - selbst, wenn sie nicht alle seine politischen Ansichten teilten. Trotz Hunderter Festnahmen trauen sich am Wochenende in zahlreichen russischen Städten Menschen auf die Straßen, um Blumen für Nawalny abzulegen.
In vielen russischen Städten legten Menschen zum Gedenken an Nawalny Blumen an Denkmälern für Opfer politischer Repression nieder und zündeten Kerzen an. Dabei wurden hunderte Menschen festgenommen. Nawalny war in russischer Lagerhaft ums Leben gekommen. Sein Tod war am Samstag von dessen Sprecherin bestätigt worden. Zuvor hatte bereits der russische Strafvollzug über Nawalnys Tod informiert, der seit 2021 inhaftiert war.
In all der Trauer richten sich viele Blicke nun auf Nawalnaja, die auf so tragische Weise Witwe geworden ist. Die studierte Ökonomin und ihr Mann lernen sich vor rund 25 Jahren bei einem Urlaub in der Türkei kennen. Julia bezeichnet Alexej später als ihre "echte große Liebe" und "besten Freund" zugleich. Wenige Tage vor seinem Tod lässt er am Valentinstag über sein Team auf Instagram ein gemeinsames Foto veröffentlichen. Beiden trennten mittlerweile Tausende Kilometer, schreibt er, doch: "Ich spüre, dass du jede Sekunde bei mir bist und ich liebe dich immer mehr." Nawalny hinterlässt auch zwei Kinder: Die 23 Jahre alte Darja, die in den USA studiert, und Sohn Sachar, 15 Jahre alt.