
Thüringens AfD-Chef Höcke wegen Verwendens von NS-Parole vor Gericht
Was ab Donnerstag in Halle (Saale) geschieht, hat außer dem Strafgesetzparagrafen 86a wenig mit diesen kaum von der Öffentlichkeit beachteten Verfahren zu tun. Der Verhandlungsort, der Tatvorwurf und erst recht der Angeklagte sind außergewöhnlich. Ein Hochsicherheitssaal und ein zusätzlicher Mediensaal im Justizzentrum Halle sind für den Prozess vorgesehen. Nicht das eigentlich zuständige Amtsgericht Merseburg, sondern das Landgericht Halle verhandelt darüber, ob die Verwendung des Leitspruchs der nazistischen SA "Alles für Deutschland" in einer Wahlkampfrede strafbar ist.
Vergangene Woche bei Welt TV nannte Höcke den Satz einen "Allerweltsspruch" und bestreitet, seine historische Bedeutung gekannt zu haben. Für die breite Öffentlichkeit trifft das sicherlich zu. "Der bekanntere Spruch der SA ist derjenige aus der "Kampfzeit" bis zur Machtübernahme Hitlers 1933, sagt der Historiker Martin Sabrow, langjähriger Direktor des Leibniz-Zentrums für Zeithistorische Forschung in Potsdam. "Die bewaffneten Horden in den Straßen grölten "Deutschland erwache!".
Gerade Höcke wird immer wieder vorgehalten, dass er sich in der Wortwahl seiner Reden beim NS-Reichspropagandaminister Joseph Goebbels bediene – allerdings darauf achte, keine Formulierungen direkt zu übernehmen. So kam es bisher nie zu einem Strafverfahren. Auch deswegen erfährt der Prozess um die SA-Parole eine solche Aufmerksamkeit.
Ob Höcke die Parole mit Vorsatz in seine Rede eingebaut hat, wird schwer zu beweisen sein. Unklar ist auch, wie der Kontext einer AfD-Wahlkampfveranstaltung zu bewerten ist. 2006 wurde ein junger Neonazi in Hamm verurteilt, der den Satz auf einem Kameradschaftsabend Gleichgesinnter öffentlich verwendete. Aber gilt ein AfD-Wahlkampf auf einem Marktplatz gleichermaßen als "Versammlung des rechten Spektrums"?
Er selbst gab vor dem Prozess an, nichts von der Bedeutung oder Herkunft der SA-Parole gewusst zu haben. In dem Verfahren, das auf großes öffentliches Interesse stößt, sind insgesamt vier Verhandlungstage bis zum 14. Mai angesetzt.