
Angriff auf Thevenot: Wahlkampf in Frankreich eskaliert
Thevenot, die als Kandidatin des zentristischen Bündnisses Ensemble unter Präsident Emmanuel Macron antritt, war zusammen mit ihrem Stellvertreter und einem Parteiaktivisten unterwegs, um Wahlplakate aufzuhängen. Plötzlich wurden sie von einer Gruppe attackiert. Während Thevenot selbst unverletzt blieb, wurden ihre beiden Begleiter schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht. Einer von ihnen erlitt einen Kieferbruch.
In einer ersten Reaktion verurteilte Thevenot den Angriff scharf und betonte: "Gewalt ist keine Antwort. Ich führe meinen Wahlkampf weiter." Sie erstattete umgehend Anzeige. Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen wegen eines bewaffneten Angriffs auf einen Amtsträger eingeleitet, ohne jedoch Details zum Motiv des Angriffs zu nennen.
Nach Informationen der Zeitung "Le Parisien" wurden vier junge Menschen in Gewahrsam genommen, darunter drei Minderjährige. Diese sollen zuvor die Wahlplakate von Thevenot und anderen Kandidaten verschandelt haben. Das genaue Profil der Täter bleibt bislang unklar, und die Ermittlungen laufen weiter.
Dieser Angriff auf Thevenot ist kein Einzelfall. Bereits zuvor wurden mehrere Kandidaten verschiedener Parteien Ziel von Übergriffen. Unter den Betroffenen war auch eine Kandidatin der rechtspopulistischen Partei Rassemblement National (RN), die ebenfalls Anzeige erstattete. Gesundheitsminister Frédéric Valletoux prangerte die zunehmenden Spannungen im Wahlkampf an und sprach von "Beschimpfungen bei Ortsterminen, die schnell ausarten".
Besonders besorgniserregend ist der zunehmende Rassismus im aktuellen Wahlkampf. Thevenot, deren Eltern von der Insel Mauritius stammen, äußerte sich wenige Stunden vor dem Angriff in einem Interview besorgt über die rassistischen Tendenzen. Sie berichtete, dass ein Kandidat der RN ihr gesagt habe, sie solle "auf ihre Insel zurückkehren". Diese rassistischen Anfeindungen sind Teil eines größeren Problems, das die französische Gesellschaft derzeit spaltet.
Die rechtspopulistische RN steht besonders im Fokus der Kritik. Das Investigativ-Magazin "Mediapart" veröffentlichte kürzlich eine Liste von 80 "problematischen" RN-Kandidaten, die durch rassistische und extremistische Äußerungen auffielen. Marine Le Pen, die Anführerin der RN, räumte zwar ein, dass es "schwarze Schafe" in ihrer Partei gebe, verteidigte jedoch viele ihrer Kandidaten und warf den Medien "inquisitorisches" Verhalten vor.
Die anstehenden Wahlen zur Nationalversammlung am Sonntag versprechen eine angespannte und unvorhersehbare Entscheidung. Der RN liegt in Umfragen vorne, doch die Sitzverteilung ist schwer abzuschätzen. In vielen Wahlkreisen haben sich Kandidaten zurückgezogen, um die Chancen des jeweiligen RN-Kandidaten zu verringern. Nur noch in 501 von 577 Wahlkreisen wird gewählt, nachdem sich bereits 76 Kandidaten in der ersten Runde durchgesetzt haben.
Der Angriff auf Priscilla Thevenot ist ein beunruhigendes Zeichen für die zunehmenden Spannungen und die Polarisierung im französischen Wahlkampf. Gewalt und rassistische Anfeindungen überschatten den demokratischen Prozess und stellen die Stabilität des politischen Systems auf die Probe. Die nächsten Tage werden zeigen, ob es gelingt, die Situation zu beruhigen und einen fairen und friedlichen Wahlkampf zu gewährleisten.