
Erdogan ernennt den ehemaligen Amazon-Ökonomen zum Chef der türkischen Zentralbank
Nach Korruptionsvorwürfen hat die Chefin der türkischen Zentralbank, Hafize Gaye Erkan, ihren Rücktritt eingereicht. Sie habe Präsident Recep Tayyip Erdogan darum gebeten, von ihren Pflichten entbunden zu werden, "die ich seit dem ersten Tag mit Ehre erfüllt habe", erklärte Erkan am Freitag in den Online-Netzwerken. Die 44-Jährige wurde in den sozialen Medien und in einigen Oppositionspublikationen heftig angegriffen, weil sie angeblich ihrem Vater erlaubt hatte, unbefugte Personalentscheidungen in der Bank zu treffen.
Berichten zufolge soll Erdogan zudem verärgert gewesen sein, weil Erkan im Januar der Zeitung "Hürriyet" gesagt hatte, sie sei wieder bei ihren Eltern eingezogen, weil sie wegen der hohen Mieten keine erschwingliche Wohnung in Istanbul gefunden habe. In ihrer Rücktrittserklärung schrieb Erkan nun, gegen sie sei eine "große Rufmordkampagne" organisiert worden. Mit ihrem Rücktritt wolle sie nun verhindern, dass ihre Familie und ihr erst einjähriges Kind noch stärker davon betroffen würden.
Die Angriffe auf die erste weibliche Zentralbankgouverneurin der Türkei alarmierten die Anleger und sorgten für Unsicherheit über Erdogans langfristiges Engagement für sein Team. "Gegen mich wurde kürzlich eine große Rufmordkampagne organisiert", sagte Erkan in einer Social-Media-Erklärung, in der sie ihren Rücktritt ankündigte.
Erdogan hatte Erkan nach seiner Wiederwahl im vergangenen Mai als erste Frau der Geschichte an die Spitze der türkischen Zentralbank berufen. Seit ihrem Amtsantritt im Juni setzte sie im Kampf gegen die hohe Inflation auf drastische Leitzinserhöhungen. Zuletzt hatte die türkische Zentralbank den Leitzins Ende Januar auf 45 Prozent angehoben. Erdogan hatte sich jahrelang gegen eine solche Geldpolitik gewandt.
Erdogan wählte Erkan für eine der härtesten Aufgaben der Türkei aus, nachdem er eine schwierige Wiederwahl im Mai gewonnen hatte, bei der sich sein Hauptgegner auf die wirtschaftlichen Probleme der Türkei konzentrierte. Sie schloss sich einem Team unter der Leitung von Finanzminister Mehmet Simsek und anderen marktfreundlichen Technokraten an, das nach Ansicht westlicher Analysten die beste Chance für die Türkei war, sich vom Abgrund des wirtschaftlichen Untergangs zu befreien. Ihre Reformen haben der Türkei dabei geholfen, ausländische Investitionen zurückzugewinnen und das Land vor einer möglichen Bankenkrise zu bewahren.
Karahan begann seine Karriere 2012 als Ökonom bei der Federal Reserve Bank of New York. In seiner offiziellen Biografie heißt es, dass er auch an der Columbia University und der New York University lehrte. Er kam 2022 zu Amazon und wurde im vergangenen Juli zum Stellvertreter von Erkan bei der Zentralbank ernannt.
Karahan wird Erdogans sechster Zentralbankgouverneur seit 2019.