
IOW-Chef: Klimawandel trägt zur Verdunklung der Meere bei
Der Klimawandel ist ein Teil der Ursachenkette. Durch die Zunahme von Regenfällen werde vermehrt organisches Material von Feldern und aus Wäldern über Flüsse in die Küstenmeere gespült, betonte der Wissenschaftler. Es folgt eine Eintrübung durch Gelbstoffe, die man aus Mooren kennt. Vermehrte Stürme wirbeln im Winter zudem mehr Sedimente vom Boden auf. Und wärmere Wassertemperaturen lassen Algen besser gedeihen. Zu all dem kommen direkte menschliche Einflüsse wie Einleitungen, Wasserverschmutzungen und Bauarbeiten im Meer. Die Summe der Faktoren führt zur Verdunklung der Küstenmeere.
Als Messmethode dient den Wissenschaftlern die Secchi-Scheibe, eine weiße, etwa 40 Zentimeter große Scheibe. Padre Angelo Secchi entwickelte das Verfahren 1865 im Auftrag des Vatikans zur Sichttiefenermittlung und Wasserqualitätsbestimmung. Die Methode ist einfach: Die Scheibe wird ins Wasser gelassen. Dann wird gemessen, bis zu welchen Tiefe sie sichtbar ist. Es gibt Daten aus 140 Jahren. "Diese historischen Messungen sind ein Riesenschatz", sagte Zielinski, der die analoge Methode auch heute anwendet.
Für die Ostsee ergab sich so im letzten Jahrhundert eine Verdunklungsrate von jährlich durchschnittlich drei bis sechs Zentimetern. Das bedeutet, dass die Sichttiefe Jahr für Jahr um diesen Wert abnahm. In 100 Jahren sind das drei bis sechs Meter - ein deutlicher Verlust an Licht in der Meereswassersäule. Das habe natürlich Implikationen, betonte der Meeresphysiker: "Wo früher Seegraswiesen in der Ostsee gedeihen konnten, weil dort Licht auf den Boden kam, ist es jetzt dunkel."
Dennoch sieht der IOW-Chef für Ost- und Nordsee Grund zur Zuversicht. Der Trend der Verdunklung stagniere seit den 1980er Jahren. Das bedeute, es sei nicht schlechter geworden. Gründe seien unter anderem effiziente Kläranlagen, die Reduzierung von Nährstoffeinleitung durch die Landwirtschaft und eine verringerte Phosphatbelastung. "Wir sehen in unseren Gewässern eine leichte Erholung. Das ist ein Resultat vieler Maßnahmen", so Zielinski. "Es ist Hoffnung da. Wir können handeln."