
Menschen in Finnland wählen heute in einer Stichwahl einen neuen Präsidenten
In Finnland bestimmt der Präsident, der für sechs Jahre gewählt wird, traditionell die Außenpolitik und ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Der Urnengang fand unter dem Eindruck wachsender Spannungen mit dem Nachbarn Russland statt. Nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine vor fast zwei Jahren hatte Finnland seine jahrzehntelange militärische Blockfreiheit aufgegeben. Im April 2023 trat das Land der Nato bei. Russland drohte daraufhin mit "Gegenmaßnahmen".
Anders als in den meisten europäischen Ländern verfügt der finnische Präsident über die Exekutivgewalt bei der Formulierung der Außen- und Sicherheitspolitik gemeinsam mit der Regierung, insbesondere in Bezug auf Länder außerhalb der Europäischen Union wie die Vereinigten Staaten, Russland und China. Das Staatsoberhaupt befehligt auch das Militär – besonders wichtig im aktuellen Sicherheitsumfeld Europas und der veränderten geopolitischen Lage Finnlands, das im April 2023 nach dem russischen Angriff auf die Ukraine ein Jahr zuvor der NATO beigetreten ist.
Im August registrierte Helsinki eine steigende Zahl von Migranten, die ohne Visum über die 1340 Kilometer lange finnisch-russische Grenze kamen. Die finnische Regierung vermutete eine russische Strategie dahinter, um das Land innenpolitisch zu destabilisieren. Finnland schloss deshalb im November seine Ostgrenze - ein Schritt, der von beiden Präsidentschaftskandidaten befürwortet wurde.
Stubb und Haavisto - beides ehemalige finnische Außenminister - teilen die gleiche Ansicht mit Blick auf die Haltung gegenüber Russland und befürworten eine Verschärfung der Sanktionen gegen Moskau. "Die Europäische Union kann viel mehr tun, um der Ukraine zu helfen", sagte Haavisto bei einer Fernsehdebatte am Donnerstag. "Der Weg der Ukraine ist unser Weg, und in diesem Moment kämpfen die Ukrainer für die Freiheit der Europäer", sagte Stubb. "Sie verdienen jede Unterstützung, die wir ihnen geben können."
Der Unterschied zwischen beiden Kandidaten liege in Nuancen, sagt Expertin Theodora Helimäki. Ein Beispiel sei die Lagerung und der Transport von Atomwaffen in Finnland. Haavisto will das nicht genehmigen, obwohl das skandinavische Land als Nato-Mitglied verpflichtet ist, an Übungen im Bereich der Nuklearpolitik des Bündnisses teilzunehmen. Stubb findet, das Land dürfe "keinen Teil" der nuklearen Abschreckungspolitik der Nato ausschließen.
Da es in der Außenpolitik keine nennenswerten Unterschiede gebe, werden die Wähler ihre Entscheidung vermutlich auf Grundlage ihrer politischen Präferenzen treffen, sagte Matti Pesu, Forscher am Finnischen Institut für internationale Angelegenheiten. Stubb sei eher "offen und modern", während Haavisto eher "traditionell und vorsichtig" sei.
Der 2012 erstmals gewählte und nun scheidende Amtsinhaber Sauli Niinistö war einst stolz auf seine engen Beziehungen zum russischen Präsidenten Wladimir Putin, ehe er zu einem seiner schärfsten Kritiker wurde. Im Jahr 2022 kontaktierte Niinistö Putin, um ihm die Entscheidung über den Beitritt zur Nato mitzuteilen. Seitdem herrscht Funkstille und keiner der beiden Präsidentschaftskandidaten rechnet mit einem Anruf aus dem Kreml nach der Wahl.
Mehr als 4 Millionen Menschen sind wahlberechtigt. Der Gewinner wird die Nachfolge des äußerst beliebten Präsidenten Sauli Niinistö antreten, dessen zweite sechsjährige Amtszeit im März abläuft. Niinistö kann nicht wiedergewählt werden.