
Nach massiven Protesten: Doch keine Kürzungen bei Agrarhilfen?
Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner hatten als Reaktion auf das tiefgreifende Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts – zum Verdruss bei SPD und Grünen – entschieden, dass die Schuldenbremse 2024 zunächst bestehen bleibt. Scholz hatte aber deutlich gemacht, dass er sowohl die Finanzierung von Fluthilfen im Ahrtal als auch eine mögliche Steigerung der Ukraine-Hilfe als Begründung für ein erneutes Aussetzen sieht. Die FDP vermittelt hingegen den Eindruck, das unbedingt vermeiden zu wollen, weil sie ein neues rechtliches Risiko fürchtet. Für eine Reform der Schuldenbremse bräuchte die Ampel eine Zweidrittelmehrheit im Parlament – und dafür die Union.
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): "Ich bin davon überzeugt, dass wir perspektivisch eine Reform der Schuldenbremse brauchen, um die Modernisierung des Landes voranzutreiben, die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, Klima, Umwelt und Natur zu schützen und den sozialen Zusammenhalt zu stärken." Es bleibe zu hoffen, dass sich "alle demokratischen Kräfte dieser Diskussion stellen".
SPD-Chefin Saskia Esken deutete Bewegung bei den umstrittenen Streichungen der Agrardieselsubventionen und Hilfen für Bauern bei der Kfz-Steuer an. Die Landwirte würden von gleich zwei Maßnahmen getroffen, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Möglicherweise gebe es im Paket der Ampelspitzen einzelne Lösungen, bei denen der Bundestag noch einmal Änderungen vornehmen werde. FDP-Fraktionschef Christian Dürr hatte die Belastungen der Bauern in jetziger Form als nicht zustimmungsfähig für seine Partei bezeichnet. Auch Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) stemmt sich gegen die Pläne.
Auch Haßelmann sagte, sie wisse, wie sehr die landwirtschaftlichen Betriebe unter Druck stünden, und verstehe die Sorgen. Die Grünen hätten Alternativen in die Verhandlungen eingebracht, die Spielräume im Haushalt geschaffen hätten. "Am Ende musste jedoch die Gesamtlösung tragfähig sein." Scholz, Habeck und Lindner hätten nach dem Haushaltsurteil eine gemeinsame Lösung erarbeitet, die dringend nötige Investitionen ermögliche, Tausende Arbeitsplätze sichere und bereits beschlossene Entlastungen für Bürgerinnen und Bürger wahre. "Wenn nun einzelne Maßnahmen infrage gestellt werden, braucht es eine Gegenfinanzierung, um einen soliden Haushalt zu verabschieden", mahnte sie.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich sagte der "Süddeutschen Zeitung": "Wenn bereits heute einzelne Vorschläge gänzlich infrage gestellt werden, dann verlange ich konkrete Alternativen aus dem jeweiligen Verantwortungsbereich, um für das kommende Jahr einen soliden Haushalt auf den Weg zu bringen."
Esken rief die Koalitionspartner auf, zu dem ausgehandelten Kompromiss zu stehen. Es sei zwar Aufgabe des Parlaments, den Haushalt zu beschließen und kritische Fragen zu stellen. "Aber wir werden nicht im großen Stil dieses Paket aufschnüren können." Sie gehe auch davon aus, dass die Schuldenbremse 2024 ausgesetzt werde.