
Scholz appelliert an Bevölkerung: "Wir müssen uns verändern"
Vielen bereiteten die Veränderungen Sorgen, sagte der Kanzler. Bei einigen sorge das auch für Unzufriedenheit. "Ich nehme mir das zu Herzen", beteuerte Scholz. Zugleich wisse er: "Wir in Deutschland kommen da durch." Der Regierungschef verwies darauf, dass manche befürchteten Szenarien nicht eingetreten seien. "Die Inflation ist gesunken. Löhne und Renten steigen. Die Gasspeicher sind für diesen Winter randvoll", nannte er als Beispiele.
Mit Blick auf die seit mehreren Jahren andauernden Krisen sprach Scholz aber auch von Verständnis für die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger. "Kaum war Corona halbwegs vorbei, brach Russland mitten in Europa einen unerbittlichen Krieg vom Zaun", sagte er. Kurz darauf habe der russische Präsident Wladimir Putin den Gashahn abgedreht, und im Herbst habe es noch den brutalen Terrorangriff der Hamas auf Israel gegeben.
Dennoch zeigt sich der Bundeskanzler Olaf Scholz optimistisch, dass Deutschland den Herausforderungen dieser Zeit gewachsen ist. "Wir kommen auch mit Gegenwind zurecht", sagte der SPD-Politiker. "Das macht die Herausforderungen unserer Zeit nicht kleiner."
Doch die Einsicht, dass jede und jeder gebraucht werde – die Spitzen-Forscherin genauso wie der Altenpfleger, die Polizistin genauso wie der Paketbote, die Rentnerin genauso wie der junge Auszubildende – mache stark. "Wenn wir uns das klarmachen, wenn wir uns gegenseitig mit diesem Respekt begegnen, dann brauchen wir keine Angst zu haben vor der Zukunft!"
Scholz kündigte an, kraftvoll in die Zukunft investieren zu wollen. "Denn wer in diesen Tagen mit der Bahn unterwegs ist oder vor einer maroden Brücke im Stau steht, der merkt: Unser Land wurde zu lange auf Verschleiß gefahren. Deshalb investieren wir jetzt: in ordentliche Straßen und eine bessere Bahn."
Das alles sei jedoch vor dem Hintergrund des weitreichenden Urteils des Bundesverfassungsgerichts von Mitte November nicht einfacher geworden. "Nicht alle Vorhaben, die wir in den Blick genommen hatten, werden wir umsetzen können."
Mitte November hatte das Bundesverfassungsgericht die Umwidmung von 60 Milliarden Euro im Etat 2021 für nichtig erklärt. Das Geld war als Corona-Kredit bewilligt worden, sollte aber nachträglich für den Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft eingesetzt werden. Zugleich entschieden die Richter, der Staat dürfe sich Notlagenkredite nicht für spätere Jahre zurücklegen.
Er formulierte den Wunsch, "dass Europa geeint und gestärkt aus der Europawahl im kommenden Jahr hervorgeht". Auch die Europäische Union mache Deutschland stark. Der Kanzler stellte die Einigung der EU auf die Reform des Asylsystems heraus. "Künftig können wir die Außengrenzen Europas besser kontrollieren", sagte er. Auch an den Grenzen zu den Nachbarländern Deutschlands habe die Bundespolizei ihre Kontrollen verstärkt. "Das wirkt. Schon in den vergangenen Wochen ist die Zahl derer, die über diese Grenzen kommen, spürbar gesunken", sagte Scholz.
Der Kanzler fand auch kritische Worte für die Politik des auslaufenden Jahres. "Diskussionen über den richtigen Weg gehören dazu. Das Ringen um faire Kompromisse ebenfalls – auch wenn ich auf manch laute Debatte in den vergangenen Wochen und Monaten durchaus hätte verzichten können."