
Trump und Biden nehmen Schwelle für Kandidatur
Biden knackte bereits am frühen Abend die Marke der bei den Demokraten notwendigen 1968 Delegiertenstimmen. Trump erreichte die bei den Republikanern erforderliche Schwelle von 1215 Delegierten wenige Stunden später. Bei den Parteitagen im Juli und August müssen sich die Delegierten in der Regel an die Abstimmungsergebnisse bei den Vorwahlen halten und können nicht einfach einen anderen Kandidaten wählen.
Bei dem Rennen zwischen Trump und Biden handelt es sich um die erste Neuauflage eines Duells ums Weiße Haus mit denselben Kandidaten seit rund 70 Jahren. Zuletzt traten in solch einer Konstellation der Republikaner Dwight D. Eisenhower und der Demokrat Adlai Stevenson 1952 und 1956 gegeneinander an. Eisenhower wurde beide Male zum US-Präsidenten gewählt. Während Stevenson damals seine Niederlage eingestand, wäre das bei Trump nicht sicher, sollte er die Wahl verlieren. Der Republikaner versuchte nach der verlorenen Wahl 2020, das Wahlergebnis zu kippen. Bis heute verbreitet er die Mär vom Wahlbetrug und lässt offen, ob er das amtliche Ergebnis der Präsidentenwahl diesmal anerkennen würde. Für Amerikas Demokratie könnte dies eine erneute Zerreißprobe bedeuten.
Doch auch ein Sieg Trumps würde wohl einen entscheidenden Test für die politischen Institutionen bedeuten und könnte das Land auseinanderreißen. Er macht keinen Hehl aus seiner Bewunderung für Autokraten und hat seinen politischen Gegnern bereits mit Rache gedroht. Zuletzt hofierte er in seinem Anwesen in Florida den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban, der mit autoritären Methoden regiert und die Rechtsstaatlichkeit in seinem Land ausgehöhlt hat. Herrschte während Trumps erster Amtszeit noch Chaos in dessen Kabinett, dürfte er beim zweiten Mal besser vorbereitet sein und treue Erfüllungsgehilfen um sich scharen.
Der 81-jährige Amtsinhaber ist allerdings selbst nicht frei von Makeln: Er ist schon jetzt der älteste US-Präsident aller Zeiten, immer wieder kommen Zweifel an seiner geistigen Fitness auf. Beim Beginn einer zweiten Amtszeit wäre er 82, am Ende seiner Präsidentschaft dann 86. Biden verhaspelt sich bei Auftritten regelmäßig, sucht nach Wörtern, verwechselt Personen und Orte. Aber auch Trump ist nicht mehr der Jüngste. Sollte der 77-Jährige noch einmal wiedergewählt werden, wäre er der älteste Politiker, der jemals ins Weiße Haus eingezogen ist.
Trump hingegen hat mit allerlei juristischen Problemen zu kämpfen. Der Ex-Präsident ist in gleich vier Strafverfahren angeklagt. Das gab es in der US-Geschichte noch nie. Mit juristischen Winkelzügen versucht er, die Prozesse gegen sich zu verzögern oder ganz zu verhindern. Die Verfahren haben es in sich: Es geht um versuchten Wahlbetrug, die mutmaßlich gesetzeswidrige Aufbewahrung von Geheimdokumenten und möglicherweise unrechtmäßig verbuchte Schweigegeldzahlungen an eine Pornodarstellerin. Trump beteuert in allen Verfahren seine Unschuld und stellt die Ermittlungen gegen ihn als Versuch des Biden-Lagers dar, ihn kaltzustellen.