
Habeck: "Antisemitismus ist in keiner Gestalt zu tolerieren"
"Antisemitismus ist in keiner Gestalt zu tolerieren, in keiner. Das Ausmaß bei den islamistischen Demonstrationen in Berlin und in weiteren Städten Deutschlands ist inakzeptabel und braucht eine harte politische Antwort", sagte der Grünen-Politiker und Wirtschaftsminister in einer Videoansprache, das sein Ministerium am Mittwoch bei X (früher Twitter) und Facebook verbreitete. Die rund neun Minuten lange Aufnahme wurde in dem sozialen Netzwerk vielfach geteilt und zumeist positiv kommentiert.
Es brauche auch von den muslimischen Verbänden in Deutschland eine Antwort, sagte Habeck. Einige hätten sich klar von den Taten der Hamas und Antisemitismus distanziert. "Aber nicht alle, und manche zu zögerlich und ich finde, insgesamt zu wenige."
Die in Deutschland lebenden Muslime hätten zu Recht einen Anspruch auf Schutz vor rechtsextremer Gewalt. "Und das Gleiche müssen sie jetzt einlösen, wenn Jüdinnen und Juden angegriffen werden", sagte Habeck. Sie müssten sich klar von Antisemitismus distanzieren, um nicht ihren eigenen Anspruch auf Toleranz zu unterlaufen. "Für religiöse Intoleranz ist kein Platz in Deutschland."
Das Verbrennen israelischer Flaggen sei eine Straftat, das Preisen der Hamas-Taten auch. "Wer Deutscher ist, wird sich dafür vor Gericht verantworten müssen, wer kein Deutscher ist, riskiert außerdem seinen Aufenthaltsstatus. Wer noch keinen Aufenthaltstitel hat, liefert einen Grund, abgeschoben zu werden."
Seit dem Angriff der islamistischen Hamas auf Israel kam es unter anderem in Berlin bei propalästinensischen Demonstrationen wiederholt zu antisemitischen und israelfeindlichen Aktionen. Vor diesem Hintergrund sprach die Polizei zuletzt immer wieder Verbotsverfügungen gegen bestimmte Demonstrationen aus, andere durften stattfinden.
Habeck: "Sorge macht mir auch der Antisemitismus in Teilen der politischen Linken"
Der islamistische Antisemitismus dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auch einen in Deutschland verfestigten Antisemitismus gebe, auch wenn sich Rechtsextreme aus taktischen Gründen jetzt zurückhielten, um gegen Muslime hetzen zu können, sagte Habeck.
"Sorge macht mir aber auch der Antisemitismus in Teilen der politischen Linken, und zwar leider auch bei jungen Aktivistinnen und Aktivisten." Antikolonialismus dürfe nicht zu Antisemitismus führen. Der Tod und das Leid, das über die Menschen im Gazastreifen komme, sei schlimm. "Systematische Gewalt gegen Jüdinnen und Juden kann damit dennoch nicht legitimiert werden", sagte Habeck.
Ähnlich äußerte sich Außenministerin Annalena Baerbock am Mittwoch im ZDF. "Der Antisemitismus zieht sich durch alle gesellschaftlichen Gruppen hindurch, der zieht sich durch alle Nationalitäten hier in Deutschland hindurch. Deshalb muss jegliche Form von Antisemitismus, ob er von rechts, von links, von Zugewanderten oder von hier Geborenen kommt, bekämpft werden", sagte sie in der Sendung "Was nun, ...?".
Baerbock verteidigte in der Sendung erneut die deutsche Enthaltung bei der Abstimmung über die Gaza-Resolution in der UN-Vollversammlung. Deutschland falle die besondere Rolle zu, die Gesprächskanäle zu anderen Akteuren in der Region wie Ägypten oder Jordanien offen zu halten, sagte sie.
Die am Freitag vergangener Woche mit Zwei-Drittel-Mehrheit angenommene UN-Resolution verurteilt jegliche Gewalt gegen die israelische und palästinensische Zivilbevölkerung, fordert die sofortige und bedingungslose Freilassung aller "illegal festgehaltenen" Zivilisten und verlangt ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe in den Gazastreifen. Außerdem wird zu einer "sofortigen dauerhaften und nachhaltigen humanitären Waffenruhe" aufgerufen, die zur "Einstellung der Feindseligkeiten" führen solle. Eine eindeutige Verurteilung des Terrors der Hamas als Auslöser des Krieges ist nicht enthalten.